Meinung WZ-Kommentar zur Ordnungs- und Sozialpolitik in der Stadt: Keine Unmenschen

Wuppertal · Der Begriff „Säuberung“ wird tunlichst vermieden: Doch wenn die Stadtreinigung mit dem Ordnungsamt patroulliert, setzt das gedanklich schon einen Rahmen, der unangenehme Assoziationen weckt.

bernhard.romanowski@wz.de

Foto: WZ/Alina Komorek

Werden da etwa Obdachlose, Nichtsesshafte und Drogensüchtige mit dem Kärcher durch die Innenstadt gejagt? Nein, werden sie nicht. Dass aber genau diese Kritik kommt, dürfte Matthias Nocke als zuständigem Dezernenten klar gewesen sein. Es dürfte indes keine Bosheit sein, die ihn zu der Aktion getrieben hat, sondern die offenbar zahlreichen Beschwerden von Bürgern, denen einiges buchstäblich stinkt in der City und deren Anliegen er als Ordnungsdezernent nicht ignorieren will. Wer offen sagt, dass er sich beim Geldabheben in einem Bankvorraum angesichts dort kampierender Menschen unwohl fühlt, wer nach der vierten Kleingeldspende hintereinander nicht mehr die Geldbörse zückt und wem es in einer Außengastronomie aufgrund des angewehten Uringeruchs nicht mehr so recht schmeckt, ist deshalb noch kein Unmensch. Derzeit steigt die drogenbedingte Verwahrlosung sogar an, es besteht Handlungsbedarf. Ob eine Ordnungsmaßnahme wie im September das probate Mittel ist, um langfristig Abhilfe zu schaffen, ist fraglich. Streetworker, die sich um suchterkrankte und wohnungslose Menschen, hat die Stadt aber wohl noch zu wenig.