Zu wenige Ganztags-Plätze: Eltern fürchten um ihre Existenz

An der Grundschule Haselrain hatten die Eltern eine Quasi-Zusage, dann kam die Absage. Laut Stadt fehlen etwa 1000 Ganztagsplätze.

Wuppertal. Für Anke Rademacher war alles klar: Ihre Tochter Rosa wird nach den Sommerferien die Grundschule Haselrain besuchen. Im September vergangenen Jahres hat sie ihre Tochter dort für eine der Klassen mit Offenem Ganztag angemeldet, deshalb kann sie weiter ihrem Beruf nachgehen. Der Schock kam im Mai dieses Jahres: eine Absage. „Mein Job und somit meine Existenzgrundlage ist gefährdet“, sagt Anke Rademacher.

Mit anderen Eltern, die ebenfalls eine Absage für die Betreuung ihrer Kinder im Offenen Ganztag erhalten haben, hat sie nun einen offenen Brief an die Stadt gerichtet. Darin fordern die Betroffenen eine zusätzliche Klasse mit Ganztagsbetreuung an der Grundschule Haselrain. Das sei alternativlos.

Einen Plan B gibt es nicht: „Bei der Anmeldung hat man uns gesagt, dass noch nie Kinder abgelehnt wurden. Darauf haben wir uns verlassen“, sagt Jeanna Patzschke, Mutter des abgewiesenen Jan Robert.

Ab August haben Eltern einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule gibt es nicht. „Das ist doch Schwachsinn. Wenn mein Kind klein ist, kann ich weiter arbeiten, aber wenn es in die Grundschule kommt, muss ich kündigen“, sagt Tanja Hohaus.

Auch sie sieht keine Alternative für ihre Tochter Svenja Isabelle: „Die Grundschule Haarhausen ist zu weit weg. Da müssten wir sie täglich mit dem Auto hinfahren, obwohl Haselrain direkt vor unserer Haustür liegt.“ Zudem würden in Haarhausen alle Kinder von der ersten bis zur vierten Klasse gemeinsam unterrichtet — ein Konzept, das vielen Eltern nicht zusagt.

Stadtweit befinden sich derzeit 500 Kinder auf der Warteliste für einen Platz im Offenen Ganztag einer Grundschule. Weil sich nicht alle abgelehnten Eltern auf die Liste setzen lassen, geht die Stadt sogar von einem Bedarf von 1000 Plätzen aus. „Das Problem am Haselrain ist kein Einzelfall“, sagt Sprecherin Martina Eckermann. „Jeder bei der Stadt würde das gerne ändern, aber uns fehlt einfach das Geld. In einem Kraftakt haben wir 3200 Plätze geschaffen.“

Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) sieht Land und Bund in der Pflicht: „Es ist unlogisch, dass Kinder unter drei Jahren betreut werden, Grundschüler aber nicht.“

Wie die Redaktion am Mittwochabend erfuhr, hat Jan Robert Patzschke nun doch einen Platz im Ganztag erhalten. Jeanna Patzschke: „Freuen können wir uns darüber nicht, weil viele Eltern weiterhin das Problem haben.“