Zahl der betroffenen Kinder und Eltern nimmt zu Zahl der „Schreikinder“ in der Region nimmt offenbar zu

Leichlingen. · Auch die Menge an Hilfsangeboten für Betroffene ist gestiegen.

Wenn Babys und Kleinkinder langanhaltend schreien, ist das Stress für die Eltern. Hilfsangebote dazu gibt es in Leichlingen und in der Umgebung.

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Babys schreien. Das ist normal, ist es doch ihre einzige Möglichkeit, mitzuteilen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Doch bei manchen Kindern nimmt das Schreien Ausmaße an, die die Eltern an ihre psychischen und körperlichen Grenzen bringen. Die Zahl sogenannter „Schreikinder“ nimmt heutzutage offenbar zu. In Leichlingen gibt es zahlreiche Angebote, bei denen sich Eltern Rat und Unterstützung holen können.

Schreikinder sind Kinder, die mehr als drei Stunden am Tag mindestens drei Tage pro Woche und mindestens über einen Zeitraum von drei Wochen schreien. Sie sind gesund und älter als drei bis sechs Monate. Ihr Schreien ist exzessiv, anfallartig und unstillbar. „Dabei handelt es sich um eine Regulationsstörung des Kindes, das Außenreize wie Lärm, Licht, Hunger oder Temperaturveränderungen nicht gut verarbeiten kann“, sagt die Leichlinger Kinder- und Jugendpsychiaterin Victoria Frechen. Nur teilweise ist sie angeboren, teils entsteht die Störung auch durch die Kommunikation mit Mutter und Vater.

„Wir beobachten, dass der Beratungsbedarf der Eltern von Schreikindern steigt“, berichtet Jugendamtsleiterin Johanne Christiansen. Ihre Mitarbeiter im Bereich „Frühe Hilfen“ und sie führen das auf die Verunsicherung und Überforderung mancher Eltern zurück, aber auch auf fehlende Ansprechpartner, Zeitdruck und nicht zuletzt Reizüberflutung der Kinder. In Leichlingen und im Kreis gibt es deshalb Hilfsangebote, die betroffene Eltern nutzen können. „Der Kinderschutzbund in Leverkusen beispielsweise begleitet Familien im ersten Lebensjahr des Kindes auch zu Hause. Die Ehrenamtler beobachten, was dort abläuft, und geben oft einfache, hilfreiche Tricks“, berichtet Christiansen.

Das Gesundheitsamt vermittelt Familienkrankenschwestern

Das Gesundheitsamt des Kreises hat Familienkrankenschwestern, die über das Leichlinger Jugendamt vermittelt werden. Unterstützung erfahren Eltern auch in der Erziehungsberatungsstelle an der Kirchstraße 1. „Außerdem soll das „Schnullercafé“, das das Jugendamt mit der evangelischen Kirche bislang monatlich organisiert hat, künftig einmal in der Woche stattfinden“, kündigt die Jugendamtsleiterin an. Auch Victoria Frechen berät die Eltern in ihrer Praxis, gemeinsam mit Kinderkrankenschwester Cindy Fissler. „Wir sehen zum einen das Kind mit der schwierigen Selbstregulation, auf der anderen Seite die überlasteten Eltern, die sich irgendwann in einem Teufelskreis befinden. Unser Ansatz ist es, die Interaktion zwischen ihnen zu verbessern“, sagt die Kinderpsychiaterin. Gemeinsam werden etwa Tagesstrukturen aufgebaut, die die Überreizung mindern, aber auch die nonverbale Kommunikation zwischen Eltern und Kindern geübt. „Durch die Aufklärung haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die Probleme oft in einem bis fünf Terminen lösen lassen“, sagt Frechen.