Düsseldorf. Pandemie-Gesetz in NRW soll deutlich entschärft werden

Düsseldorf. · Entscheidung am heutigen Donnerstag im Landtag. Kontroverse Debatte über Zulassung von Besuchen in Pflegeheimen.

Die soziale Isolation durch die Corona-Pandemie ist hart, menschliche Nähe fehlt. Der Präsident der Bundes­ärzte­kammer (BÄK), Klaus Reinhardt, regt neue Regeln zum Schutz der Bewohner vor einer Infektion mit dem Virus an. Besuche müssten „abgesichert“ erfolgen.

Foto: Oliver Berg

Das geplante Pandemie-Gesetz mit weitreichenden Befugnissen für die Landesregierung in der Corona-Krise könnte in wesentlichen Punkten entschärft werden. So werde der besonders strittige Passus zur Zwangsverpflichtung von Ärzten und Pflegern im Katastrophenfall wohl gestrichen, verlautete am Mittwoch aus Fraktionskreisen. Stattdessen könnte es ein Freiwilligenregister geben.

Die Fraktionsspitzen von CDU, FDP, SPD und Grünen verhandelten seit Mittwochnachmittag über Korrekturen an dem Gesetz. Es soll am Donnerstag in einer Sondersitzung des Landtags verabschiedet werden. Demnach lag in den Verhandlungen auch eine Befristung des Gesetzes bis Ende März 2021 auf dem Tisch sowie ein Parlamentsvorbehalt.

Indes hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) seine Ablehnung eines Aufnahmestopps für Pflegeheime bekräftigt. „Wir müssen die Heime für neue Fälle offen halten“, sagte Laumann in Düsseldorf. NRW gehe dabei bewusst andere Wege als Bayern oder Niedersachsen in der Coronavirus-Pandemie. Wegen des Todes mehrerer mit dem Coronavirus infizierter Pflegebedürftiger in entsprechenden Heimen hatten diese Bundesländer einen Aufnahmestopp verhängt. „Ich will das aber, wenn es eben geht, weiter nicht“, sagte Laumann.

Stattdessen wolle er an einer Strategie arbeiten, künftig wieder Besuche in Pflegeheimen zuzulassen. „Das sind ja alles Menschen mit einer ohnehin noch sehr verkürzten Lebenserwartung. Wir müssen alles daran setzen, dass diese Menschen ihre restliche Lebenszeit nicht in Isolation verbringen müssen“, sagte Laumann. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bezeichnete Exit-Strategien in diesem Bereich hingegen als „hochgefährlich“, da ein ausreichender Grundschutz in den Altenheimen und der ambulanten Pflege fehle.

Trotz vieler Vorsichtsmaßnahmen ist die Furcht vor einer Infektion mit  Covid-19 in Heimen groß. Deutschlandweit ist das Virus inzwischen in mehr als 300 Heimen aufgetreten, bislang sind dadurch mindestens 226 Covid-19-Infizierte gestorben. Die soziale Isolation und das strenge Besuchsverbot ist für Bewohner und Angehörige dennoch hart. Viele Menschen vermissen ihre Familienmitglieder und Freunde.

Ärztepräsident: Besuche müssen „abgesichert“ erfolgen

Ärztepräsident Klaus Reinhardt fordert zur Lockerung der Isolation, Besuchern den Zugang in Schutzkleidung zu erlauben. Sinnvoll sei eine Schleuse, in der sich Gäste desinfizieren und Schutzkleidung anlegen müssten. Die zusätzlichen Hygienemaßnahmen für Besucher seien jedoch vom Pflegepersonal nicht zu leisten, betonte Reinhardt. Dies sei eine Aufgabe für Freiwilligendienste. Die Kosten solle die öffentliche Hand übernehmen.

Auch der Kölner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, zeigte sich besorgt über eine zunehmende Vereinsamung älterer Menschen in Pflege- und Altenheimen während der Corona-Krise. Woelki sprach von einer „ungeheuren Herausforderung“ für die Gesellschaft. Kinder und Enkel dürften die alten Leute „nicht vergessen“. Sie müssten versuchen, über Internetdienste und Telefon mit ihnen Kontakt zu halten.

Unterdessen hat Niedersachsen die Kontaktbeschränkungen gelockert. So dürfen sich laut jüngster Verordnung mehr als zwei Personen treffen, wenn sie Angehörige sind. Außerdem sind Beerdigungen und Hochzeitsfeiern mit zehn Personen erlaubt. dpa/AFP/Red