17 Hippies sind ein kleiner Zirkus
Berlin (dpa) - Eine Tournee ist wie eine Klassenfahrt. Das meint zumindest Christopher Blenkinsop von der Band 17 Hippies und hüpft aufgeregt auf dem Sofa herum. 13 Mitglieder zählt die Gruppe aus Berlin.
„Mit so vielen Leuten ist man wie in einem Dorf, fast ein kleiner Zirkus.“
In einem Hinterhof der Berliner Kulturbrauerei haben die Musiker Räume, wo sie aufnehmen und proben. Ein riesiges Sofa steht in einer Art Küche. Manchmal schlurfen einige der „Hippies“ durch, schmieren sich ein Butterbrot und verschwinden wieder in einen Hinterraum. Bei den 17 Hippies im Studio geht es zu wie in einer großen WG.
Es ist schwierig, der Band ein Label zu verpassen. Ihr Stil wurde oft als Weltmusik bezeichnet. Andere nannten es Berlin Style. „Was heißt das denn? Und wenn Du in Castrop-Rauxel lebst, hast Du den Stil von Castrop-Rauxel“, sagt Sänger und Musiker Christopher.
Im Plattenladen sind sie wahrscheinlich bei Pop zu finden, aber auch bei Weltmusik. Die 13 Musiker spielen verschiedene Instrumente, darunter Gitarre, Cello, Geige, aber auch Ukulele, indisches Harmonium und Banjo. Die Lieder komponiert mal der, mal die. Auf Deutsch, Englisch oder Französisch.
So sind einige Lieder, auch auf dem neuen Album „Phantom Songs“, das an diesem Freitag erscheint, wieder von verschiedenen Strömungen beeinflusst: Im Chanson „Jolies filles“ geht es um schöne Mädchen, „Dorn“ ist eine Kombination aus Blues und Rock, in der auch die Geige ihren Part hat, und „The Train“ trumpft mit afrikanischen Gitarren, Banjo und Cajun-Akkordeon auf. Originell ist vor allem „Biese Bouwe“, wo hessische Mundart (böse Buben) auf albanische Tanzmusik trifft.
Für solche Mixturen bietet Berlin Inspiration an allen Ecken. „Ich höre einen polnischen Akkordeonspieler in der U-Bahn, türkische Musik in einem Laden und anglo-amerikanische Musik im Radio“, sagt Christopher.
Politische Inhalte haben die Lieder aber nicht. Phrasen wie „Integration“ oder „Brücken schlagen“, wie man sie in diesem Umfeld erwarten könnte, fallen gar nicht. Kiki Sauer beschreibt das politische Element so: „Ohne dass wir in den Songs politische Aussagen machen, hat Musikmachen - vor allem wenn man so viel im Ausland auftritt - etwas Politisches. Dann steht man da für Deutschland und für Berlin.“
Schon seit 15 Jahren gibt es die Band. Die „Hippies“ sind im Durchschnitt 45 Jahre alt und teilweise schon von Anfang an dabei. „Man kann nicht unterwegs sein und zu Hause sein die ganze Zeit“, sagt Kiki, Sängerin mit dem Faible für das Französische. „Aber das ist das Leben. Kunst ist in dem Sinne nicht Arbeit.“ Aber 15 Jahre zu bestehen, das ist natürlich harte Arbeit. Oft war die Gruppe fast 200 Tage im Jahr unterwegs, sie tourte durch Deutschland, Europa, Australien und die USA.
Obwohl die Musiker von der Arbeit leben können, haben einige noch Nebenjobs. Antje, die Klarinette und Flöte spielt, ist Steuerberaterin und hat eine eigene Firma. Elmar, der Trompetenspieler, ist Synchronsprecher in Filmen.
Es klingt, als wäre alles gut. Aber das ist es nicht, versichert Kiki. Und Christopher sagt: „Es gibt auch diese andere Sehnsucht. Ich wünschte mir mal, tatsächlich in Urlaub zu fahren. Es gibt diese Sehnsucht nach Aufhören.“
Ende des Monats geht wieder eine Mammut-Tournee los. Bis zu 120 Konzerte können es werden. Trotz der Strapazen schimmert da bei Christopher wieder diese Vorfreude auf eine Klassenfahrt durch, bei der die Band auf andere Musiker trifft und mit ihnen reist. Am Anfang sei da diese Skepsis, meint Christopher. Am Ende ein Wunsch: „Ich möchte mit allen zusammenleben.“