Gesetzentwurf Ab 2017 etwas weniger Reklame im WDR
Die rot-grüne Koalition hat ihre Meinung erneut geändert. Nun soll der Sender doch auf Werbung verzichten. Demnächst. Ein bisschen. Auf höchstens 30 Minuten.
Düsseldorf. Erst waren SPD und Grüne für einen Werbeverzicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und schrieben ihn im Koalitionsvertrag fest. Dann präsentierte die Landesregierung auf Wunsch des WDR einen Gesetzentwurf, in dem es gar keinen Werbeverzicht geben sollte und vertröstete ihre Kritiker auf eine bundeseinheitliche Lösung. Am Dienstag fiel die rot-grüne Koalition wieder um und beschloss am Mittwoch im Landtag nun einen Entwurf, der keinen Verzicht, aber eine stufenweise Reduzierung von 90 auf 60 Minuten bei der Radiowerbung vorsieht.
Ab Januar 2017 soll der WDR zunächst auf 15 Minuten Werbung täglich und ab 2019 auf 30 Minuten Werbung täglich verzichten soll. Ab dem kommenden Jahr darf Radio-Werbung nur noch auf zwei der sechs Hörfunk-Programme ausgestrahlt werden, ab 2019 nur noch auf einer Welle. Damit würde die Werbezeiten-Regelung des WDR dann der des NDR entsprechen — falls nicht die CDU die NRW-Landtagswahl 2017 gewinnt. Für die Christdemokraten wiederholte ihr kulturpolitischer Sprecher Thomas Sternberg die Ankündigung, das Gesetz im Falle eines Wahlsiegs zu kippen. Es führe zu mehr Bürokratie, höheren Kosten und einer bloßen Scheinöffentlichkeit. Es sei nicht Medien-, sondern „Personal- und Machtpolitik“.
Neben der Werbereduzierung sieht das Gesetz eine Vergrößerung des Rundfunkrats von 47 auf 60 Mitglieder vor, was nach der Staatsferne-Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts den Politiker-Anteil unter den Kontrolleuren auf unter 30 Prozent drückt. Gleichzeitig soll das Gremium öffentlicher tagen, aber Befugnisse an den Verwaltungsrat der Anstalt abgeben, für dessen Mitglieder sich die Anforderungen an ihre formale Qualifikation erhöhen. Gleichzeitig legalisiert das Gesetz nachträglich eine „Recherche-Partnerschaft“ des WDR mit der „Süddeutschen Zeitung“ und dem NDR. Und: Der Auftrag des WDR wird von „Sendungen“ auf „Beiträge“ ausgeweitet, die nun ausdrücklich das Internet einschließen.
Staatskanzlei-Chef Franz-Josef Lersch-Mense (SPD), im Nebenamt Medien-Minister, betonte, dass es für die Einnahme-Ausfälle durch den Werbeverzicht für den WDR „eine Kompensation“ gebe solle. Offenbar schwebt der Landesregierung ein Ausgleich durch eine höhere Beteiligung des WDR an den Rundfunkgebühren vor. Mit dem Gesetz werde nicht nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk, sondern auch der private Rundfunk als Teil der dualen Medienlandschaft in NRW gestärkt. Der medienpolitische SPD-Sprecher Alexander Vogt nannte den Entwurf „das modernste Mediengesetz in Deutschland“.
Der Vorsitzende des Zeitungsverlegerverbandes NRW, Christian DuMont Schütte, und der Vorsitzende des Verbandes der Betriebsgesellschaften des NRW-Lokalfunks, Dr. Benedikt Hüffer, bezeichneten in einer Stellungnahme die beschlossene Regelung als notwendige Stärkung des Lokalfunks: „Die geringere Werbezeit des WDR wird dazu führen, dass er seine Preise entsprechend seiner Marktposition besser entwickelt als bisher und sich das Programm weniger am Werbemarkt und mehr am Programmauftrag orientiert.“ Beides stärke den Lokalfunk in NRW und damit die Medienvielfalt im Land.
Der WDR-Intendant Tom Buhrow, der Rot-Grün für den Fall des Werbeausstiegs mit „Notmaßnamen“ gedroht hatte, nannte den Beschluss in einer Presseerklärung „eine kurzsichtige Entscheidung, die ausschließlich den Interessen der Verleger und unseren kommerziellen Radio-Konkurrenten folgt“. Sie gehe komplett zu Lasten des WDR und sei „ein fatales Signal“ für seine Mitarbeiter, „die in den letzten Jahren so hart dafür gearbeitet haben, unsere Strukturen schlanker aufzustellen“. TV- und Radiowerbung zusammen machen am jährlichen Haushalt des WDR von rund 1,4 Milliarden Euro etwa drei Prozent aus, die Radiowerbung ist rückläufig.