Alexander Gerst: Er fliegt dann mal ins Weltall
Alexander Gerst wird 2014 der Raumstation ISS einen Besuch abstatten. Er ist Experte für Extremsituationen.
Köln. Alexander Gerst wollte als Kind Feuerwehrmann, Lokführer und Astronaut werden. Zwei dieser Wünsche hat er verwirklicht. Er war bei der Freiwilligen Feuerwehr und fliegt bald ins All. Nur das mit dem Lokführer scheint ein unerfüllter Traum zu bleiben.
2014 soll Gerst zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen. Zurzeit trainiert er im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Köln. Er übt seit Jahren. Mehrmals hielt er sich als Ersatzmann bereit, falls ein Astronaut im letzten Moment ausgefallen wäre. Da war es für ihn schwer, als die Rakete ohne ihn abflog. Aber im Mai muss es klappen, da ist er an der Reihe. Er wird der elfte Deutsche im All sein und der dritte deutsche Raumfahrer auf der ISS.
Über den Abflug macht er sich bereits Gedanken. „Ich muss dann auf vieles achten, aber ich habe mir ganz fest vorgenommen, den Moment trotzdem zu genießen“, sagt der athletische Typ mit dem kahlgeschorenem Kopf. Er hat Ähnlichkeit mit Captain Jean-Luc Picard aus „Star Trek“, nur ist er deutlich jünger, erst 37.
Der Geophysiker ist Experte für Extremsituationen. Er hat einmal sechs Wochen auf einem 4000 Meter hohen Vulkan in der Antarktis verbracht, bei minus 45 Grad im Zelt. Erst hatte er Zweifel, dass das was für ihn wäre, aber als er wieder da war, wusste er: Das ist sein Ding.
Dunkle Stunden, in denen er von Ängsten übermannt wird, kennt er nicht. „Ich habe schon ein paar Mal von meiner Weltraummission geträumt, aber es war nie ein Alptraum, sondern immer sehr spannend.“ Und seine Freundin, was sagt die? Er lächelt, dann antwortet er, seine Partnerin sei ebenfalls Physikerin und in der Weltraumforschung tätig. Sie denke genauso wie er. Bei seinen Freunden, seinen Eltern und seiner Oma sei es nicht anders.
Am liebsten würde er länger im All bleiben, er würde gern bis zum Mars fliegen. Dann wäre er für zwei bis drei Jahre weg. Dagegen ist die Sache nächstes Jahr ein Klacks, da ist er Weihnachten wieder zu Hause.
Ein Mann ohne Angst? Er selbst sieht sich als vorsichtigen und sogar risikoscheuen Menschen. Als Astronaut müsse man zwar ein gewisses Risiko eingehen, sagt er, aber es werde alles dafür getan, es so niedrig wie möglich zu halten.
Auf der Raumstation wird er beschäftigt sein. Mehr als 100 Experimente muss er in dem halben Jahr absolvieren, auf unterschiedlichen Feldern wie Physik, Geologie und Materialwissenschaften. Sein Lieblingsexperiment: der elektromagnetische Levitator. Eine in Deutschland entwickelte Laboreinheit, die er im Labor der ISS einbauen soll. Der Schmelzofen testet neue Legierungen — „Materialien, die in zehn Jahren vielleicht in einem neuen Flugzeug oder in einem Automotor verwendet werden und uns helfen, Treibstoff zu sparen“.
Die Astronauten experimentieren auch an sich selbst: Sie erforschen, was man gegen Muskel- und Knochenschwund tun kann, die in der Schwerelosigkeit rapide voranschreiten. Einige Versuche dienen der Vorbereitung einer Mars-Expedition: Wie lassen sich im Weltraum Pflanzen züchten und Krankheiten behandeln?
Aber das ist nicht alles. „Die Romantik und das Abenteuer dürfen nicht verloren gehen“, sagt er. „Mein Ziel ist es, so viele Eindrücke wie möglich aufzusaugen. Ich will diese Perspektive von außen gewinnen. Und ich glaube, dass ich als ein anderer Mensch zurückkehre.“