Amoklauf in den USA: „Ihr habt mich gezwungen, das zu tun“

Der südkoreanische Austauschstudent hinterlässt einen hasserfüllten Abschiedsbrief. Die Botschaft fand sich in seinem Zimmer.
Dieses VIDEO hinterließ der Attentäter FOTOS aus BLACKSBURG

Blacksburg. "Ihr habt mich gezwungen, das zu tun!" Diese Nachricht hat der Amokläufer von Virginia laut US-Medien in einem hasserfüllten Abschiedsbrief hinterlassen. Der 23-jährige Cho Seung Hui, ein Student aus Südkorea, beschimpft seine Kommilitionen als "reiche Kinder" und "betrügerische Scharlatane" und klagt ihre "Ausschweifungen" an.

Nun hat dieser Mann 32 Menschen getötet. Eine Tat, die in der ganzen Welt Reaktionen hervorrief. Vor allem die Regierung Südkoreas zeigte sich geschockt. Papst Benedikt XVI. schrieb, er werde für die Opfer, ihre Familien und für die gesamte betroffene Schulgemeinde beten. An der Universität fand gestern Abend ein Gedenkgottesdienst statt, an dem auch Präsident George W. Busch teilnahm.

In die Trauer der Studenten mischt sich jedoch zunehmend Wut gegen die Polizei und die Universitätsleitung. Warum wurden die Studenten erst zwei Stunden später per Email aufgerufen, nicht ins Freie zu gehen, da ein Schütze auf dem Campus sein Unwesen treibe?, lautet die anklagende Fragen. Virginia Techs Polizeichef Wendell Flinchum weiß keine überzeugende Antwort. "Wir dachten, es sei ein isolierter Vorfall", erklärt er.

Der Amoklauf begann einem Mitstudenten zufolge nach einem Streit des Täters mit seiner Freundin. Cho habe die Frau erschossen, berichtete ein Student aus Taiwan einem taiwanesischen Kabelkanal. Einen Mann, der den Streit schlichten wollte, habe er ebenfalls getötet. Danach schrieb der 23-Jährige jene Nachricht, steckte neue Munition ein und erschoss 30 Menschen auf der anderen Seite des Campus.

Die meisten Opfer saßen gerade beim Deutschunterricht, als der mit zwei Neun-Millimeter Pistolen bewaffnete Schütze ins Zimmer eindrang und 21 von 25 Studenten eiskalt hinrichtete. Wie Trish Sheehan, eine der vier Überlebenden berichtet, "kam er ein zweites Mal zurück, um auf alles, was sich noch regte, ein weiteres Mal zu schießen." Überlebt habe sie nur deswegen, "weil ich so tat, als wäre ich tot".

Der 22 Jahre alte Parham Shahidi aus Darmstadt, der im Rahmen eines Austausches die Universität in Virginia besucht, hörte zur Zeit des Amoklaufes eine Vorlesung in einem rund 50 Meter entfernten Nachbargebäude. "Als wir nach der Vorlesung raus gehen wollten, waren die Türen versperrt. Man hat uns festgehalten, aber nicht gesagt, was genau passiert war", berichtete Shahidi.

Verfassungsrecht Das "Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen" wurde vor mehr als 200 Jahren in der Verfassung verbrieft. Das Prinzip galt lange ohne größere Einschränkungen. Erst 1994 wurde mit dem sogenannten Brady-Gesetz der Handel eingeschränkt.

Gesetz Der Zugang zu Waffen und der Umgang damit sind in Bundesgesetzen, Gesetzen der einzelnen Staaten sowie in kommunalen Vorschriften geregelt. In einigen Staaten wie Virginia ist es besonders leicht, an Waffen zu kommen. Dort dürfen die Bürger ihre Waffen auch offen tragen. Zu den Staaten mit einigermaßen strengen Waffengesetzen zählen Kalifornien und Illinois.

Waffenbesitz Mehr als 200 Millionen Pistolen und Gewehrsind in den USA in Privatbesicht. Das Arsenal wächst jährlich um weitere acht Millionen. Nur 1,6 Prozent aller Kaufgesuche oder Genemigungsanträge wurden 2005 abgeleht.

Verbrechen mit Schusswaffen In den USA werden jährlich etwa 350 000 Verbrechen mit Schusswaffen begangen. Mehr als 11 000 werden dabei pro Jahr getötet. Die Rate der Morde liegt mit 3,8 Prozent pro 100 000 Einwohner deutlich höher als in anderen Ländern.