Analyse: Die Kirchen sind mit sich selbst beschäftigt
Viele Probleme überschatteten den Ökumenischen Kirchentag. Aber es gibt Hoffnung.
München. Selten haben die großen Kirchen in Deutschland so sehr denEindruck vermittelt, vor allem mit sich selbst beschäftigt zu sein, wievor dem 2. Ökumenischen Kirchentag in München.
Glaubt man der Bilanz derRepräsentanten beider Konfessionen, waren die fünf Tage ein vollerErfolg und wurden als "Stärkung" erlebt, wie der Vorsitzende derDeutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, formulierte. Dochkonnten die 127.000 Dauerkarteninhaber und 11.000 Tagesgäste wirklichhoffnungsvoller nach Hause gefahren, als sie gekommen waren?
Als besonderes Zeichen der Gemeinschaft wurde die orthodoxe Vesperam Freitag unter freiem Himmel hervorgehoben, bei der 20.000 MenschenWasser, Obst und gesegnetes Brot teilten. Doch die eindrucksvolleInszenierung, die die orthodoxe Kirche erstmals in diesem Maße in diedeutsche Öffentlichkeit rückte, täuscht darüber hinweg, dass es sichvor allem um eine klug gewählte Beruhigungspille handelte.
Dasunverfängliche Brotteilen, das nicht in die offizielle Liturgie derEucharistie oder des Abendmahls eingebettet ist, war schon vor Münchenkein Problem zwischen den Konfessionen. Immerhin hat ErzbischofZollitsch zugesagt, die Not konfessionsverschiedener Ehen zu seinembesonderen Anliegen zu machen.
Beim großen Erschütterungsthema des sexuellen Missbrauchs wird vieldavon abhängen, ob die auf breiter Ebene erkennbare Forderung nachstrukturellen Veränderungen in der katholischen Kirche auch die erstenErmüdungserscheinungen überdauert, die die öffentliche Diskussion schonhervorruft.
Wenn die Besucher dennoch zuversichtlicher heimkehren, dann nichtwegen eines erkennbaren Durchbruchs oder einer deutlichen Themensetzungdes Kirchentags, sondern aufgrund der vielen Hoffnungsbeispiele.
Menschen wie der Berliner Jesuitenpater Klaus Mertes, der als ersterdie Missbrauchsfälle öffentlich machte und kein Blatt vor den Mundnimmt. Menschen wie Margot Käßmann, die nach ihrem von vielen soüberzeugend empfundenen Rücktritt als EKD-Ratsvorsitzende eineeindrucksvolle Rückkehr feierte. Und viele Menschen abseits der Podien,die durch ihr tägliches ökumenisches Miteinander und christlichmotiviertes Handeln unbeirrt daran erinnern, dass Hoffnung eineKernbotschaft ihres Glaubens ist.
Dass es einen 3. Ökumenischen Kirchentag geben soll, scheint schonausgemacht. Das Datum ist noch offen. Ein besonders verwegener Terminwäre das Jahr 2017. Dann liegt die Reformation 500 Jahre zurück.