Arbeitsmarkt: Jobvermittler bangen um Jobs

Die Anlaufstellen für Hartz-IV-Empfänger stehen vor dem personellen Kollaps.

<strong>Düsseldorf. Sie sollen Menschen Jobs vermitteln, jetzt zittern sie selbst um ihre Existenzen: In NRW bangen tausende Beschäftigte der Arbeitsgemeinschaften (Argen) mit befristeten Verträgen um ihre Stellen. Das System der Argen könnte nach den Befürchtungen von Experten bis 2010 im Chaos versinken, wodurch sich die Betreuung von Erwerbslosen dramatisch verschlechtern würde. Grund: Das Bundesverfassungsgericht hatte den Zusammenschluss von Bundesagentur und Kommunen zu Arbeitsgemeinschaften im Dezember für verfassungswidrig erklärt. Beispiel Krefeld: Der Vertrag zwischen Stadt und Agentur läuft Ende 2008 aus. 42 von insgesamt 100 befristeten Verträgen sollen nicht verlängert werden, was die Arbeit der verbleibenden Beschäftigten verdoppelt. Schon heute kümmert sich ein Mitarbeiter der Krefelder Arge um 180 Arbeitslosengeld-II-Empfänger über 25 Jahre, künftig werden es 360 sein. "Unsere Kunden drehen am Rad, weil sie ihre eingearbeiteten Vermittler verlieren", sagte ein Krefelder Arge-Mitarbeiter. "Ich kenne keinen asozialeren Arbeitgeber als die Bundesagentur."

Arbeitsgemeinschaft wurde vom Karlsruher Urteil kalt erwischt

Beispiel Wuppertal: 100 von 430Arge-Beschäftigten arbeiten mit befristeten Verträgen. 15,5Stellen sollen zwar noch in diesem Jahr in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden, "aber eine verlässliche Personalplanung ist kaum noch möglich", so Arge-Geschäftsführer Thomas Lenz. "Niemand weiß, wie es weitergeht." Um 44000 Menschen zu betreuen, brauche man nun einmal "eine verlässliche Organisationsform". Die Wuppertaler Arge fühlt sich vom Karlsruher Urteil kalt erwischt, denn die Arbeitsgemeinschaft hatte sich seit ihrem schwierigen Start im Jahr 2005 positiv entwickelt. Die Belegschaft wuchs von 200 auf 430Beschäftigte, noch 2007 konnten 50 befristete Jobs in unbefristete Stellen verwandelt werden. Und die Vermittlungsquote stieg. Ex- Verwaltungsangestellte wurden zu Fallmanagern, Job-Vermittlern und Mitarbeitern in der Leistungsgewährung qualifiziert. Lenz fürchtet nun, dass ein Aus für befristetet Beschäftigte diese Aufbauarbeit zunichte macht. "Man kann doch nicht immer wieder mit neuen Leuten von vorn anfangen, während diejenigen, die gerade eingearbeitet sind, gehen müssen." Der Gesetzgeber hat zwar bis Ende 2010 Zeit, die Jobcenter neu zu organisieren. Doch die Parteien sind zerstritten darüber, wer für die Hartz-IV-Haushalte zuständig sein soll. Das Zauberwort von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und Bundesarbeitsagentur-Chef Frank Weise lautet "kooperatives Job-Center". Heißt: Die Agentur kümmert sich um Vermittlung und Lebensunterhalt für Langzeitarbeitslose, während die Stadt für die Kosten der Unterkunft und soziale Leistungen zuständig ist. Demnach bleiben zwar sämtliche Leistungen unter dem Dach der Jobcenter, Kommunen und Arbeitsagentur wirken aber unabhängig voneinander. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) aber hält diese strenge "Gewaltenteilung" für ungeeignet und möchte die komplette Zuständigkeit über die Länder an die Kommunen übertragen, damit alle Leistungen weiter aus einer Hand kommen. Dagegen läuft der Städtetag Sturm, der befürchtet, dass die Kommunen auf den Kosten sitzen bleiben. Unter den Bürgern gibt es angesichts des Durcheinanders einen Trend zur Selbsthilfe. Der Krefelder Helmut Tedden etwa unterstützt Hartz-IV-Empfänger seit 2005 ehrenamtlich beim Behördenkrieg. Über die Personalsituation in den Argen macht sich der 55-Jährige keine Illusionen: "Jeder zweite Bescheid ist fehlerhaft, weil die Mitarbeiter schlecht ausgebildet sind." Arge

Begriff Kommunen und Agenturen für Arbeit bilden Arbeitsgemeinschaften (Argen), die dann Jobcenter einrichten.

Jobcenter Darunter versteht man die Zusammenlegung der regionalen Arbeitsagenturen und der städtischen Sozialämter in einer gemeinsamen Einrichtung. Das Jobcenter zahlt das Arbeitslosengeld II aus und soll Erwerbslose in den Arbeitsmarkt integrieren.