Armani holt bei der Couture den Himmel auf den Laufsteg

Paris (dpa) - Nach dem Hype um das Dior-Debüt von Designer Raf Simons entschleunigen die Pariser Haute Couture-Schauen. Armani entpuppt sich als Wolkengucker, Vauthier bringt Glamour.

„Cielo Sereno“ nennt man in Italien einen ruhigen, heiteren Himmel. Als „sereno“ hätte man am Dienstag fast jeden Entwurf bezeichnen können, den Giorgio Armani bei den Pariser Haute Couture-Schauen für Herbst/Winter 2012/13 über den Laufsteg gleiten ließ. Kein Wunder, der Meister der italienischen Mode hatte sich von den Farben des Himmels und den wechselnden Lichtverhältnissen inspirieren lassen und fertigte daraus eine harmonische, manchmal weltenthoben wirkende Kollektion. Armani ließ damit Ruhe einkehren in diese Couture-Saison, die im Zeichen des großen Hypes um das Debüt des Designers Raf Simons bei Dior gestanden hatte.

Anzüge in Wollcrêpe erinnerten in ihrem hellen Lavendelblau und Graulila an die Stimmung nebeliger Tage am Meer. Armani hatte ihnen anstelle von Jacken eine neue Form von Shirt verpasst. Die Formen der Oberteile waren zum Teil gerundet und schienen von Wolken inspiriert zu sein. Überhaupt wirkten die Entwürfe manchmal fast fliegend. Degradé-Drucke auf Organza gaben die Färbung eines Sonnenuntergangs von Blau über Lila bis Rot wieder. Als Kontrast zu den „himmlischen“ Oberteilen gab es fließende Marlenehosen in nachtschwarzem Seidensamt. Letzterer diente auch als Material der Wahl für kostbar bestickte, elegante Abendroben, die wie der Nachthimmel glitzerten.

Wer sich nach Armani dann am Abend durch einen der Pariser Megastaus gekämpft hatte, wurde bei Alexandre Vauthier mit einer wunderbaren Location und einer gelungenen Kollektion belohnt. Der in Deutschland eher unbekannte französische Designer hatte in das Naturkundemuseum im botanischen Garten „Jardin des Plantes“ geladen. Und so ging man zur Schau beschwingt an blühenden Büschen und Stauden vorbei. Vauthiers Entwürfe verbanden Glamour, Drapierkunst und eine Portion Lässigkeit. Skulpturale Kostüme mit in Falten gelegten Schößchen an der Jacke und Miniröcken blendeten in Weiß, beigefarbene Overalls schimmerten goldig. Hinzu kamen Entwürfe in goldener Spitze.

Einige Schnitte und Details wie Wasserfallausschnitte und lange Ketten erinnerten an Hollywood-Diven der 1940er-Jahre, anderes hingegen - etwa ein ausladender Pelzmantel - an den Jet Set der 1980er-Jahre. Vauthier schafft es, der Couture einen modernen Anstrich zu geben. Sein Metier gelernt hat er bei Thierry Mugler, später als Couture-Designer bei Gaultier gearbeitet und sich nach der Gründung der eigenen Marke 2009 weiterentwickelt. Ohne viel Tamtam macht er tragbare, hervorragend geschnittene Mode, die selbstverständlich und sexy wirkt.