Auf das Geschenk, fertig, los! - Deutschland „flashwichtelt“
Stuttgart (dpa) - Geschenk mitbringen, schenken und beschenken lassen. Beim „Flashwichteln“ treffen sich alljährlich Hunderte Menschen in ganz Deutschland. Sie wollen Leuten eine kleine Freude bereiten, die sie überhaupt nicht kennen.
Manuela blickt gespannt auf einen Haufen bunt verpackter Geschenke. Plötzlich erklingt ein Glöckchen. Die 38-Jährige stürmt los und schnappt sich eine der Gaben. Manuela hat soeben mit etwa 30 Menschen beim sogenannten Flashwichteln in Stuttgart teilgenommen. „Ich finde das klasse“, sagt sie freudestrahlend und hält eine Mango-Papaya-Seife in der Hand. „Es geht nicht ums Geld, sondern etwas nett einzupacken - ein soziales Geben und Nehmen.“
Das Prinzip ist einfach: Geschenk einpacken, zum angegebenen Treffpunkt mitbringen und beim Klang des Glöckchens ablegen. Ertönt das Klingeln erneut, können die Teilnehmer sich das Präsent eines anderen Wichtels schnappen. Der Flashmob hat am zweiten Adventssonntag in mehr als 20 Städten Deutschlands stattgefunden. Allein in Köln beschenkten sich laut Veranstalter rund 120 Wichtel.
„Wenn Menschen zur gleichen Zeit Geschenke austauschen, kommt ein Wir-Gefühl auf“, sagt Laura Rumich, Geschäftsführerin der Kölner Kommunikationsagentur Kabelbrand. Diese hat die Aktion rein aus Spaß an der Freude - wie Rumich sagt - vor vier Jahren ins Leben gerufen. „Damals waren wir noch selber Studenten.“ Dahinter stecke der Gedanke, mal etwas nicht Digitales zu machen und das klassische Weihnachtsgefühl ein bisschen anders zu erleben, sagt sie.
Die Tradition des Wichtelns stammt von einem alten nordischen Brauch - dem sogenannten Julklapp, wie Trendforscher Peter Wippermann aus Hamburg erklärt. Dass Menschen daran überhaupt Interesse haben, lasse sich mit der Happiness-Forschung recht einfach erklären: „Geben macht glücklich.“ Die Menschen wollten ihre Stimmungslage zwischen Stress und Glücksgefühlen ausbalancieren.
Der Flashmob an sich wiederum spreche für eine spontane und flexible Gesellschaft im Zeitalter des Web 2.0, sagt Wippermann. Er vermutet daher, dass Unternehmen den Trend zum Flashwichteln bald aufgreifen könnten. Dann würde die heute noch freiwillige, kostenlose Aktion kommerzialisiert werden.
Der fünf Jahre alte Friedrich freut sich in Stuttgart über eine neue Schreibtischlampe. „Die kann ich gut gebrauchen, wenn ich nächstes Jahr in die Schule komme“, sagt er. Sein Vater hatte über ein Soziales Netzwerk von der Aktion erfahren.
Feste Vorgaben für die Präsente gibt es nicht. „Es ist aber kein Schrottwichteln“, betont Rumich. Neben gebrannten CDs und Party-Kits mit Konfetti und Alkohol sei viel Selbstgebasteltes dabei. Andere Teilnehmer gingen extra einkaufen. „Im Schnitt haben die Geschenke einen Wert von fünf bis zwanzig Euro“, sagt Rumich. Karen und ihre Tochter Mia halten einen Teelichthalter aus Porzellan in den Händen. „Das ist die perfekte Vorfreude auf Weihnachten“, sagt Mia.