Aufs große Pferd: Reiten ist für Erwachsene härter als gedacht
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Die Begeisterung für Pferde gibt es vielleicht schon seit Kindertagen. Wollen Erwachsene reiten lernen, stehen sie aber vor Herausforderungen. Die erste ist die Suche nach einer Reitschule - denn viele haben sich auf Kinder spezialisiert.
Für manche ist es ein Jugendtraum, den sie nun als Erwachsener endlich verwirklichen wollen: Reiten! Doch gerade am Anfang klaffen Realität und Wunschvorstellung auseinander: Da ist bei aller Faszination die Angst vor dem großen, unberechenbaren Tier, dem man sich ausliefert. Außerdem ist Reiten ein sehr komplexer Sport. Als erste Hürde müssen Reiter in spe eine geeignete Reitschule finden.
Die meisten Reitschulen in Deutschland haben sich auf Kinder und Jugendliche eingerichtet. „Die Vereine kümmern sich nicht um diese erwachsene Zielgruppe. Und ich kann nicht erklären, warum“, schildert Susanne Hennig, Pressesprecherin des deutschen Reitverbands FN in Warendorf, die Situation. Interessenten sollten sich an die jeweiligen Landesreitverbände wenden, rät sie. Diese hätten den besten Überblick über die Vereine.
An vielen Reitschulen hapert es schon an Pferden, die groß genug für Erwachsene sind. Großpferde brauchen mehr Platz und fressen mehr als Ponys, sind also für den Betrieb im Unterhalt teurer. Ist eine Reitschule mit passendem Großpferd gefunden, fehlen erwachsene Reitkollegen - und die Neulinge müssen mit Kindern und Jugendlichen zusammenreiten.
Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel der Reitverein Heiden in Westfalen. Hier gibt es seit Jahren Extra-Unterricht für Erwachsene, meistens Frauen im Alter zwischen 35 und 55 Jahren. Seit vergangenem Jahr bietet der Verein auch über die Volkshochschule entsprechende Kurse an, im Winter war er ausgebucht.
Doch der Unterricht für Erwachsene ist anspruchsvoller als der für Kinder. „Sie wollen alles verstehen, man braucht also mehr Fachwissen. Außerdem ist bei Unsicherheit und Ängsten natürlich Feingefühl gefragt“, sagt die Geschäftsführerin Elisabeth Demy. Die gleiche Beobachtung hat auch Sascha Tessarzik aus Wehrheim im Taunus gemacht. Er selbst hat erst im Alter von 36 Jahren mit diesem Sport angefangen. „Kinder setzen sich einfach aufs Pferd. Ältere machen sich tausend Gedanken“, sagt der 43-Jährige.
Er selbst hat eher unkonventionell angefangen. Seine frühere Freundin wollte wieder reiten, kurz entschlossen kaufte er für sie den bereits 19-jährigen Wallach Paul - ein ausgedientes Turnierpferd. Tessarzik fand an ihm so viel Gefallen, dass er alle seine anderen Sportarten aufgab und nur noch reiten wollte.
Mit dem vierbeinigen Oldie nahm er Reitunterricht und wunderte sich anfangs sehr über Muskelschmerzen in Rücken und Beinen. Dabei hatte er auch vorher viel Sport gemacht. „Aber Reiten ist eben doch eine ganz andere Belastung als Joggen oder Tennis.“ Sein Tipp für erwachsene Neueinsteiger: In eine Reitschule gehen und dort Einzelunterricht nehmen - so lerne man am meisten.
Das Pferd in einer Reitschule sollte für einen Anfänger besser älter und gelassener sein, damit es die menschlichen Fehler nicht so ernst nimmt. Wichtig ist, dass der Reitschüler sein Pferd für die Reitstunde vorher in der Stallgasse kennenlernt und mit ihm Kontakt aufnimmt. Die Vierbeiner werden bei ungeübten Reitern aus Sicherheitsgründen meist erst geführt oder longiert.
Die Erkenntnis, dass dieser Sport nicht einfach ist, kommt oft bereits beim Aufsteigen. Beim Reiten selbst werden die Balance und das Körpergefühl auf die Probe gestellt - Muskelkater vor allem in den Oberschenkeln ist programmiert. „Sportliche und schlanke Leute haben natürlich Vorteile“, sagt Demy vom Reitverein in Heiden.