Auszeichnung: Die grelle Cindy ist ganz oben

Hinter dem Kugelblitz im rosa Trainingsanzug steckt Ilka Bessin, die aus Not komisch geworden ist.

Köln/Berlin. Moderator Dieter Nuhr brachte den Zweck der Veranstaltung auf den Punkt. "Die Comedy-Branche feiert sich heute selbst. Und warum? Weil es sonst keiner macht", sagte der Düsseldorfer Kabarettist bei der Verleihung des Deutschen Comedypreises in Köln. Also feierten die Komiker sich bei der von RTL am Freitag ausgestrahlten Gala ausgiebig selbst und gegenseitig.

Star des Abends war Ilka Bessin, die als Dauerarbeitslose Cindy aus Marzahn in zwei Kategorien abräumte: Sie erhielt die Trophäe als "Beste Komikerin" und für das "Beste TV-Soloprogramm". "Es gab einige, die mir auf dem Weg hierhin versucht haben, ans Bein zu pissen. Ich hab’ zurückgepisst, deswegen hab ich den Preis bekommen", kommentierte Cindy ihre Auszeichnung.

Die derbe Art von Humor polarisiert ebenso wie ihre Erscheinung: Die 1,90 Meter-Frau trägt eine kratzig aussehende Blond-Locken-Perücke und zu dicke Schminke. Ihre Üppigkeit umspannt sie mit rosa Trainingsanzügen und lila Leggins in Konfektionsgröße 60 - so wird jedenfalls kolportiert.

Für die einen ist die 37-Jährige ein Kugelblitz aus heiterem Comedy-Himmel, etwa wenn sie den Spruch von der Alzheimer-Bulimie bringt: "Du frisst den ganzen Tag und vergisst abends zu kotzen." Für die anderen ist sie eine Witz-Proletin, für die man sich noch schnell fremdschämt, bevor man ganz abschaltet.

Dabei hatte Ilka Bessin mit Komik eigentlich nichts im Sinn. Als Kind wollte sie mal Clown werden, aber das ging vorüber. Stattdessen lernte sie Köchin und Hotelfachfrau, arbeitete als Kellnerin, Barchefin und Animateurin auf einem Kreuzfahrtschiff. Dann wurde sie arbeitslos. 200 Bewerbungen habe sie losgeschickt, in vier Jahren aber keine Stelle gefunden, zunehmend deprimiert saß sie in ihrer kleinen Wohnung.

Es war wohl der Mut der Verzweiflung, mit dem Ilka Bessin vor fünf Jahren auf die Bühne des Quatsch Comedy Clubs in Berlin ging und die Nummer mit der langzeitarbeitslosen Cindy aus Marzahn brachte. Sie gewann den Talentabend und hat die schwadronierende Grell-Mamsell zum Beruf gemacht: "Ich hab keine Arbeit, ich sehe einfach zu gut aus."

Zwei Jahre später ging sie mit eigenem Programm auf Tournee, inzwischen ist sie etabliert. Seit Januar spielt sie Ilka Bessin in der Sat.1-Comedy "Schillerstraße" als Vermieterin mit, bei Günther Jauchs Quiz-Jubiläum wuselte sie als rosa Assistentin herum, ebenfalls bei RTL präsentierte sie in "Cindy aus Marzahn und die jungen Wilden" komischen Nachwuchs.

Bauchfrei wie in den Anfängen tritt sie heute nicht mehr auf, aber ihrer Strategie ist sie treu geblieben: Sie macht sich über sich selber lustig, bevor es andere tun. Da sind die Gags mittlerweile oft vorhersehbar. Ilka Bessin weiß auch, "dass man aufpassen muss, dass es nicht langweilig wird", präsentiert ab Januar aber erst mal ihr neues Programm: "Nicht jeder Prinz kommt uff’m Pferd".

Man kann es aber auch so sehen wie Thomas Hermanns, Vorsitzender der Comedypreis-Jury, der im Vorfeld der Verleihung sagte: "Abgesehen davon, dass sie innerhalb von zwei Jahren eine Karriere hingelegt hat, die wirklich rasant ist: Cindy aus Marzahn ist meines Erachtens hochpolitisch, sie beschreibt ja die Auswirkungen von Politik. Aber sie stellt sich nicht hin und sagt, wie man es besser machen soll."