Debatte: Rechte Parolen bei BBC

Der fremdenfeindliche Politiker Nick Griffin war zu Gast im TV – jetzt hagelt es Kritik.

London. Hat ein Rechtsradikaler das Recht auf freie Meinungsäußerung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Und was passiert, wenn eine Riege sanftmütiger Intellektueller einen Mann einlädt, der den Holocaust anzweifelt? Die BBC hat das Experiment gewagt - und den Briten einen grotesken Fernsehabend beschert.

"Schämt Euch!", skandierten tausende Demonstranten vor der BBC-Zentrale, bis sie im Polizeigriff weggeschleppt wurden. Nur so konnte Nick Griffin, Vorsitzender der British National Party (BNP), sicher ins Studio der Sendung "Question Time" gelangen.

Mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung hatte die BBC ihren kontroversen Gast verteidigt, wohl auch in dem Glauben, dass Griffin bei dem Schlagabtausch entzaubert werden könnte. Doch Argumente spielten am Donnerstagabend nur eine Nebenrolle. Stattdessen wurde die Sendung zu einem hysterischen und hilflosen Spektakel, das die Debatte erst recht anfachte.

"Wenn Winston Churchill noch leben würde", trumpfte Griffin gleich zu Beginn auf, "dann wäre er Mitglied unserer Partei. Er vertrat islamkritische Ansichten und schützte uns im Zweiten Weltkrieg vor der Invasion durch Ausländer." Aus dem Publikum wurde Griffin hart angegangen. Ein Brite mit asiatischen Wurzeln schimpfte unter Johlen und Klatschen aus den Rängen: "Die meisten hier halten Sie für absolut ekelerregend."

Ein Zuschauer hinterfragte Griffins Ziel, alle Ausländer in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken: "Wo soll ich hingehen? Ich wurde hier geboren und ausgebildet! Aber ich wette, dass ich genug Geld sammeln kann, um Ihnen einen Flug zum Südpol zu bezahlen - da ist alles weiß."

Als Griffin gefragt wurde, ob er den Holocaust leugne, grinste er nur: "Ich bin dafür jedenfalls nie verurteilt worden." Die Rüge des Moderators folgte prompt - und legte die Schwierigkeiten bloß, einen korrekten Umgang mit dem politisch Unkorrekten zu finden: "Was gibt es da zu grinsen? Das Thema ist nicht lustig."

Griffins Partei hat es im Juni 2009 erstmals mit zwei Sitzen ins Europäische Parlament geschafft. Zuletzt bezeichnete er den Islam als "gefährliche und bösartige" Religion und den Vorsitzenden des Ku-Klux-Clans als anständig.

In der TV-Debatte mögen ihm zwar die Argumente gefehlt haben; doch die BBC ist gescheitert, Griffin durch Rhetorik kaltzustellen. Obwohl das politische Establishment den Sieg reklamierte, hagelte es Kritik: Griffin sei erst durch die BBC zum Tagesthema geworden, kritisierte Labour-Politikerin Diane Abbott: "Einer faschistischen Partei Sendezeit inmitten einer Wirtschaftskrise zu geben, ist brandgefährlich."

Das Problem, dem die Partei ihren Aufstieg zu verdanken hat, ist ohnehin kaum thematisiert worden: Immer mehr Wähler wenden sich der BNP zu, weil sie ein Konzept zur kontrollierten Einwanderung vermissen.