Ausstellungen Axel Hütte: Der irritierende Maler unter den Fotografen
Düsseldorf (dpa) - Wasser wird zum blauen Himmel, ein Höhleneingang zum Schlund eines Monsters, schwarzes Nichts teilt eine nächtliche Stadt, Wolken versperren den Blick auf wahrscheinlich grandiose alpine Bergpanoramen.
Axel Hütte irritiert und verzaubert zugleich mit seiner rätselhaft-poetischen Landschaftsfotografie. Nie bekommt der Betrachter das zu sehen, was der gewöhnlichen Vorstellung von Landschaft entspricht.
Der 66-jährige Hütte war einer der ersten Studenten von Bernd und Hilla Becher, den Begründern der sachlich-kühlen Düsseldorfer Fotoschule. Behalten hat er die Kühle. Ein Romantiker ist Hütte nach eigenen Worten nicht, auch wenn er mit den Elementen der romantischen Malerei - Wolken und Nebel - spielt. Und schon gar nicht sei Hütte ein Fototourist, der auf seinen Reisen durch alle Kontinente „Sehnsuchtsorte für Hochglanzmagazine einfangen will“, sagt Kurator Ralph Goertz. „Hütte ist auf der Jagd nach Bildstrukturen.“
Hütte wird oft erst im zweiten Atemzug nach Andreas Gursky oder Thomas Struth genannt, die als Fotokünstler der einstigen Becher-Klasse stärker im Rampenlicht stehen. Nun widmen gleich zwei Museen dem in Düsseldorf lebenden Hütte lange fällige Einzelausstellungen. Das Museum Kunstpalast in Düsseldorf zeigt von Samstag bis zum 14. Januar unter dem Titel „Axel Hütte. Night and Day“ etwa 70 großformatige Nacht- und Tagbilder aus mehr als 20 Jahren. Im Josef Albers Museum Quadrat in Bottrop ist parallel Hüttes Frühwerk aus den Jahren 1978 bis 1995 zu sehen.
Anders als Gursky bearbeitet Hütte seine Fotos nie digital. Im Gegenteil, er zieht oft tagelang mit kiloschwerer Großbildkamera durch den Dschungel oder die Antarktis. „Er wartet mit abgefrorenen Fingern stundenlang auf den Moment, wo die Welt für ihn richtig aussieht“, sagt Goertz. Manchmal bringe Hütte nur ein oder zwei Bilder von seinen Reisen mit zurück - und das in Zeiten der Handyfotografie, in der Motive millionenfach im Netz kursieren.
Aber was ist die richtige Welt für Hütte? Sicher keine Dokumentation. So irritiert Hütte damit, dass er seine Fotos von Wasserspiegelungen einfach auf den Kopf stellt. Der Himmel ist das Wasser, und in die Luft recken sich durch die Spiegelung verzerrte Baumstämme. Er wolle „Traumbilder“ schaffen, sagt Hütte. „Deshalb sieht man nicht wie bei Monet eine konkrete Realität, etwa Seerosen, sondern man sieht die gespiegelte Welt, die aber im Bild nicht als real auftaucht.“
Auch Eisenbahnbrücken fotografiert Hütte gern, doch auch sie sehen nicht aus wie Brücken, sondern wie Gitterstrukturen, weil sie keinen Anfang und kein Ende haben und weil sie sich wie Stahlgitter vor die Landschaft schieben. Hütte nahm für die Aufnahmen die Vogelperspektive ein, indem er sich in einem Hubwagen sieben Meter in die Höhe liften ließ.
Auch den Nebel fotografiert Hütte nicht etwa beim Wandern von unten, sondern aus dem Hubschrauber heraus. So kommt es, dass man bei Hüttes Bildern nie weiß, wo die Kamera gerade stand. Der Blick verirrt sich im Nebel.
Hütte erzählt von der Zentralperspektive der Renaissance und den Fotos wasserspiegelnder Oberflächen in Gerhard Richters Atelier. Angedacht war einmal sogar eine gemeinsame Ausstellung mit Richter. „Hütte ist kein Fotograf, er ist ein bildender Künstler, der die Methoden der Fotografie nutzt“ sagt Kurator Goertz. Und tatsächlich kann man Parallelen zwischen Hüttes einsamen Landschaftsfotografien und den Bildern berühmter Künstler entdecken. So ähnelt das Geäst blätterloser Bäume vor weißgrauem Winterhimmel den schwarz-weißen Tropfen-Bildern von Jackson Pollock. Verschwommenes Ufergrün erinnert an Richters Abmalungen.
„Ich reflektiere über die Romantik, aber ich arbeite kaltblütig“, sagt Hütte. Trotzdem haben seine Bilder eine hohe emotionale Ausstrahlung. „Das hängt mit dem Blick des Betrachters zusammen, der der Romantiker ist.“