Beinhart: Torfrock feiern 35. Geburtstag

Berlin (dpa) - Beinhart sind sie schon seit 35 Jahren dabei, beinhart halten sie an ihrem Stil der Rockmusik mit norddeutschem Zungenschlag fest, und beinhart spielen sie weiter.

Die norddeutsche Kultband Torfrock feiert in diesem Jahr ihr 35-jähriges Bestehen, hat sich aber für ihr erstes Konzert im Jubiläumsjahr ausgerechnet das sprachlich etwas fernab liegende Pflaster Berlin ausgesucht. Doch „Rollo der Wikinger“ oder „Torfstecher Adular Zech“ haben sich bundesweit schon derart bei den Fans etabliert, dass die Jungs um Klaus Büchner derartige Ausflüge - und dann auch noch in den „artenfremden“ American Western Saloon - ohne Klage beinhart wegstecken.

Gut 20 Alben, dutzende Lieder, unzählige Auftritte - die Erfolgsgeschichte begann im fernen Jahr 1977 als kleines musikalisches Experiment. Damals traten Büchner und Raymond Voß noch mit Freunden in Hamburg als Folk-Band Basia auf und vertonten vor allem englische Lyrik. „Irgendwann einmal wollten wir "Hey Joe" von Jimi Hendrix spielen, doch da hatte ich den Text vergessen und einfach auf Plattdeutsch weitergemacht“, erinnert sich Büchner. Dieses „He Jo“ spielten sie später als Jux-Zugabe bei einem Auftritt im Hamburger Club „Knust“. „Plötzlich explodierte der Laden“, beschreibt Voß die Situation. Das sei „die Geburtsstunde von Torfrock“ gewesen.

„Unsere Klamauk-Ecke haben wir daraufhin spielerisch erweitert“, sagt Voß. „Wir haben schlicht die verschiedensten Songs verhohnepiepelt“, beschreibt Büchner den anschließenden Weg der „Bagaluten“-Band zum Erfolg. Ob „Let's wörk togesser“ oder „Karola Petersen“ (Hey Carol) - die „geplatteten“ Songs kamen an. „Torfrock war dann einfach ein Gegenstück zum Hard Rock oder Heavy Metal der damaligen Zeit.“ Erste Eigenkreation von Bestand war dann das Torfstecherlied „Rut mit'n Torf“. Erster Nummer-Eins-Hit in den Charts war schließlich „Beinhart“, der Titelsong des Comicfilms „Werner“.

Das Norddeutsche steht im Wirken der Torfrocker stets im Vordergrund. Das zeigt sich bei den Liedern um den Wikinger Rollo aus Torfmoorholm - dessen Ballade in der geplanten Jubiläums-CD im Sommer fortgesponnen werden soll - und Geschichten aus Norddeutschland, etwa von Baggerführer Hannes Kabeltod oder Presslufthammer B-B-Bernhard. Unzählige Fans sollen dem Vernehmen nach schon stundenlang nach Torfmoorholm auf der Landkarte gesucht haben. „Dazu brauchen sie aber Karten mit ganz feinem Raster“, schmunzelt Büchner über die Erfindung der Band. „Bei uns enden eben viele Orte auf -holm, Moor gibt es auch genug, der Torfrock waren wir - also war der Ort schnell kreiert.“

Ach ja, 1977. Das war ein besonders gutes Geburtsjahr für mundartlich gefärbte Musik im deutschsprachigen Raum. Die Fachbücher sehen die Kölsch-Rocker von BAP als gleich alt wie Torfrock an, während damals in den Alpen fast zeitgleich die österreichischen Pop-Rocker der Ersten Allgemeinen Verunsicherung losjodelten. „Das war eben so eine Zeit, in der das gut ankam“, sagt Voß.

Torfrock als Botschafter Norddeutschlands? „Aber volles Rohr“, meint Voß. Kumpel Büchner ist da etwas zurückhaltender. „Wenn überhaupt, dann nur das Duo Klaus und Klaus mit dem Lied "An der Nordseeküste"“, wehrt Büchner ab, der in dem damaligen Blödel-Duo der „kleine Klaus“ war.

Das erste richtige Konzert im Jubiläumsjahr führt die Torfrocker am 28. April nach Berlin, und da treten die Wikinger ausgerechnet im Tempel der Country Music auf, im American Western Saloon in Reinickendorf. „Ein geiler Club“, meint Voß. „Wir passen da gut rein, das macht Spaß“, findet Büchner das bevorstehende Miteinander von Cowboyhüten und Wikingerhelmen. Und Saloon-Besitzer Frank Lange genießt die schon seit fünf Jahren bestehende Harmonie. Außerdem habe Torfrock auch mindestens ein Country-Lied im Programm - das „Kettenhemd“ stammt ursprünglich von Steve Earle und heißt im Original „Copperhead Road“.