Ben Affleck: Der Regisseur ist ein Diktator
Interview: Ben Affleck wechselt das Fach: Der preisgekrönte Darsteller gibt mit „Gone, Baby, Gone“ sein Debüt als Filmregisseur.
<b>Düsseldorf. Mister Affleck, wie kam es, dass Sie in Ihrem Regiedebüt Ihren Bruder Casey für die Hauptrolle engagiert haben?Affleck: Er war einfach der Richtige. Ich vergleiche ihn nach wie vor mit anderen Schauspielern, die in Frage gekommen wären. Es stellte sich aber heraus, dass er der Beste ist: im richtigen Alter, mit der richtigen Einstellung und ein toller Schauspieler. War es vielleicht auch eine Erleichterung, den eigenen Bruder am Set zu haben, quasi als Verbündeten?Affleck: Ich denke schon. Obwohl wir nicht herumgetollt sind wie zwei Jungs. Casey ist mein Bruder, aber er hat auch so seine Eigenarten. Er will immer über alles reden und verliert viel Zeit. Insofern war’s auch harte Arbeit! Waren Ihnen diese Diskussionen schon aus Kindertagen bekannt?Affleck: Ja, mit dem Unterschied, dass ich zuhause nie der Boss war, hier schon! Jedenfalls Boss genug, um sie zu unterbinden. Sie haben Erfahrung in Sachen Ruhm. Haben Sie manchmal das Gefühl, Sie müssten den kleineren Bruder vor den Gefahren des Filmgeschäfts schützen?Affleck: Nein, er macht einen tollen Job und braucht keinen Schutz. Er ist schlau und sehr talentiert. Er wird eine wunderbare Karriere haben und ist gut darauf vorbereitet. Haben Sie sich mit Ihrer ersten Regiearbeit einen Traum erfüllt?Affleck: Ja. Ich hoffe, dass es nicht nur bei dem einen Film bleibt. War die Arbeit so, wie Sie sie sich vorstellten?Affleck: Wenn ich vor einer großen Herausforderungen stehe, versuche ich, nicht darüber nachzudenken. Es hätte mir Angst gemacht, an ein Scheitern zu denken. Aber das Ergebnis fühlt sich gut an. Schauspieler müssen sich letztendlich immer dem Willen des Regisseurs beugen. Wie viel Freiheit haben Sie Ihren Schauspielern gewährt?Affleck: Dass ich nun Regie führe, liegt sicher daran, dass ich immer mitreden wollte. Jetzt habe ich aber gelernt: Es ist leicht, seinen Senf dazu zu geben, wenn man nicht der Verantwortliche ist. Trotzdem habe ich die Schauspieler experimentieren lassen - und das war spektakulär! Weil alle sich richtig gut entfalten konnten. Wie ist es, Kollegen vom Kalibereines Morgan Freeman und Ed Harris anzurufen und ihnen eine Rolle anzubieten?Affleck: Das war eine völlig neue Erfahrung und eine große Sache! Die beiden sind Legenden, richtig große Schauspieler, und ich bewundere sie sehr. Es kostete mich richtig Mut, sie anzurufen! "Gone, Baby, Gone" ist auch durch den Fall Maddie brisant. Glauben Sie, Sie hätten einen anderen Film gemacht, wenn Sie nicht selbst Vater wären?Affleck: Ich glaube nicht, dass ich einen komplett anderen Film gemacht hätte, er hätte andere Nuancen gehabt. Vater zu sein hat mein Leben komplett geändert, alles ist in den Hintergrund getreten. Man wird dünnhäutiger und auf jeden Fall einfühlsamer.
"Wer klug ist, hört auf Menschen, die Erfolg haben. "
Können Sie Ihren Erstling loslassen? Oder ist es schwierig, Distanz zu bekommen?Affleck: Wenn ich den Film jetzt sehe, sehe ich erst einmal alle Fehler und denke dauernd darüber nach, was ich verbessern könnte. Regie führen hieß für mich, erst einmal die Dinge zu sehen, die nicht geklappt haben. Und jeden Tag lief irgendetwas schief! Beim ersten Schnitt konnte ich gar nicht hinsehen. Aber dann haben wir uns doch immer geeinigt. Wer stand Ihnen zur Seite, wenn Sie Rat gesucht haben?Affleck: Na ja, wenn man erst einmal angefangen hat den Film zu drehen, fragt man niemanden mehr. Ich habe aber vorher von so vielen Regisseuren eine Menge gelernt, z.B. Roger Michelle, Kevin Smith oder Allen Coulter. Es gibt viele Leute, die mir direkt oder indirekt behilflich waren und denen ich auf ewig etwas schuldig bin. Denn wenn ich etwas gut kann, dann ist es, klugen Leuten genau zuzuhören. Wer klug ist, hört auf Menschen, die Erfolg haben. Was haben der Job eines Regisseurs und der Job eines Vaters denn gemeinsam?Affleck: Die Diktatur! (lacht laut) Als Regisseur muss man durchgreifen können. Als Vater, wie ich hörte, angeblich auch, aber das habe ich noch nicht geschafft.Ben Affleck
Der Anfang Vor neun Jahren gelang ihm ein Hollywood-Wunder: Da schrieb Ben Affleck zusammen mit seinem Freund Matt Damon das Drehbuch zu "Good Will Hunting", die beiden spielten die Hauptrollen - und bekamen einen Oscar für das beste Drehbuch.
Die Karriere Mit Filmen wie "Armageddon", "Pearl Harbour", "Shakespeare in Love" oder "Chasing Amy" ging es für den Kalifornier weiter nach oben, erst sein privates Fiasko mit Jennifer Lopez brachte seine Karriere ins Straucheln. Doch seine Auszeichnung mit dem Coppa Volpi in Venedig für "Hollywoodland" 2006 kam einer Rehabilitierung gleich.
Das Debüt Nun legt Ben Affleck mit 35 Jahren sein Regiedebüt "Gone Baby Gone" vor, in dem es um eine brutale Kindesentführung geht. Die Hauptrolle in dem Thriller spielt Casey Affleck (32), Bens jüngerer Bruder.