Götz George: „Alter ist für mich kein Thema“
Interview: Götz George spielt in der ARD einen Blinden und spricht hier über seine Pläne, Kondition und Freiräume.
<strong>Düsseldorf. Herr George, Sie sind mit dem Drehbuch von "Novembermann" selbst zum WDR gegangen und haben den Film vorgeschlagen. Normalerweise läuft das anders herum.George: Das Buch lag schon zwei Jahre auf dem Tisch und ich fragte mich, warum es vom Sender nicht angenommen wurde. Es war nicht mal zu korrigieren, es war perfekt. Warum war es so schwer, den Film an den Mann beziehungsweise den Sender zu bringen?George: Es ist das Wettrennen um die Quoten, das Armdrücken mit den Privaten. Aber das ist Kraftverschwendung. Die Privaten sollen ihren Kram, ihren Schwachsinn machen, und die Öffentlich-Rechtlichen machen Anspruchsvolles, so Gott will, und können dadurch den Zuschauer auch erziehen. Was habe ich in den letzten Jahren alles versucht, bis man Stoffe finanziert bekommt! Mein letzter Kraftakt war "Maria an Callas". Aber ich kann mich nicht selbst überall reinhängen, das ist auch aufdringlich. Manchmal muss man sogar sein eigenes Geld mitbringen, wie 1999 für "Nichts als die Wahrheit". Er war ein wichtiger und guter Film, doch die Verantwortlichen hatten Angst vor einer Geschichte um den KZ-Arzt Mengele. Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?George: Ich hoffe immer wieder, attraktive Stoffe vorgelegt zu bekommen. Es gibt auch wunderbare Rollen im Alter, manchmal muss man eben etwas länger warten. Mal sehen, wie es aussieht, wenn ich 75 oder 80 Jahre alt bin. Natürlich sagt jeder Schauspieler: "Am liebsten wäre mir, wenn ich auf der Bühne tot umfalle." Das will ich nicht auch noch sagen, aber es wäre schön, wenn man den Beruf so lange ausüben könnte, wie es die Kondition zulässt. Sie stehen im 70. Lebensjahr. Ist das Alter ein Problem für Sie?George: Das Alter war für mich nie ein Thema, das gibt es ja auch in unserem Beruf nicht. Ich habe viele Rollen gespielt, für die ich anderthalb Stunden in der Maske saß und mir meine Haare weiß färben ließ. Das ist eben die Wollust an der Schauspielerei: eine Figur zu spielen, die älter ist als man selbst. Ist das ein Doppelleben?George: Nein, aber ich steigere mich schon bis zu einem gewissen Grad in eine Rolle hinein. Kommt der Mensch Götz George zu kurz in Ihrem Leben?George: Nein, der hat schon Freiraum. Ich habe nach Dreharbeiten mindestens vier bis sechs Wochen Zeit, mich für eine andere Produktion vorzubereiten. Mein Freiraum heißt Sardinien. Ich bin auf der Insel, wenn eine Produktion abgeschlossen ist. Man braucht Freiräume im Leben, um die letzten Freunde nicht zu verlieren. Und die Natur gibt mir Kraft. Man ist ja auch in einem Alter, wo die Kondition nachlässt, da genügt dir eine solche Insel. Alt werde ich, daran gibt es nichts zu deuteln. Ich muss eben meine Kondition so gut wie möglich halten, aber damit habe ich keine Schwierigkeiten. Gibt es für Sie dauerhafte Beziehungen?George: Nee, das war in meinem Leben nie sehr vordergründig. Der Beruf bringt zwar Freunde mit sich, du lernst Menschen kennen und verlässt sie auch wieder. Klammern kann ich nicht, zudem war ich immer ein Einzelgänger. Hat Ihre Vaterstadt Berlin für Sie eine besondere Bewandtnis?George: Ich war ja kaum da. In meinen fast 60 Berufsjahren war ich immer in Hotels, in Köln, in Hamburg oder München oder sonstwo. Ich habe mich zwar immer gewundert, dass ich in Berlin nie beschäftigt werde, aber das habe ich dann irgendwann akzeptieren müssen.
Der Film
Psycho-Duell Götz George spielt einen erblindeten Klavierlehrer namens Henry, den jedes Jahr eine Pfarrersfrau besucht. Als sie tödlich verunglückt, erfährt ihr Mann Hermann (Burghart Klaußner) erst von diesen Reisen nach Sylt. Er schleicht sich als Schüler in Henrys Vertrauen und versucht herauszufinden, was seine Frau an diesem Mann fasziniert hat.
Der Novembermann, ARD, Mittwoch 20.15 Uhr