Berliner Polizei ist S-Bahn-Schlägern auf der Spur
Berlin (dpa) - Die Narben werden ihn vielleicht ein Leben lang an diesen Herbstmorgen erinnern: In Berlin hat es erneut einen brutalen Angriff auf einem Bahnhof gegeben. Die Täter zertrümmerten einem 22-jährigen Mann am Samstag auf dem S-Bahnhof Schöneweide mit Tritten regelrecht das Gesicht.
Die Täter flüchteten, Fahnder sind ihnen aber auf der Spur, wie ein Sprecher der Bundespolizei am Sonntag mitteilte. Das Opfer liegt weiter in der Klinik.
Von dem Überfall in Schöneweide gibt es keine Videoaufnahmen, weil auf dem Bahnhof keine Kameras montiert sind. Am Sonntag gaben aber weitere Zeugen neue Hinweise zu den beiden gesuchten Männern. „Wir haben eine heißes Spur“, sagte der Polizeisprecher.
Dem Opfer geht es weiter schlecht. „Jochbein und Nase sind gebrochen, das Kinn ist angebrochen - er muss noch fünf Tage im Krankenhaus bleiben.“ Ein heftiger Streit hatte am frühen Samstagmorgen auf dem Bahnsteig des Bahnhofs zu dem Gewaltexzess geführt. Ob Alkohol im Spiel war, ist unklar.
Kurz nach dem Angriff in Schöneweide wurde am Samstag in Schöneberg eine junge Frau in einer U-Bahn während der Fahrt ausgeraubt. Die 18-Jährige hatte in der Linie 7 mit geschlossenen Augen Musik über die Kopfhörer ihres Handys gehört. Plötzlich hielt ihr ein Mann mit Gewalt den Mund zu. Ein Komplize packte ihre Beine. Dann schnappten sich die Männer das Handy der wehrlosen Frau, schlugen ihr ins Gesicht und flüchteten.
In Marzahn pöbelten drei junge Männer am Sonntag um vier Uhr morgens auf einem U-Bahnhof einen 19-Jährigen an. Dessen Freundin versuchte, den Streit zu schlichten. Trotzdem schlugen und traten die drei Angreifer ihr Opfer. Als die Polizei eintraf, wehrten sich die Täter heftig und verletzten drei Polizisten.
Erst am Freitag war unter großer Anteilnahme das 23 Jahre alte Opfer einer tödlichen Hetzjagd beigesetzt worden. Guiseppe M. war am 17. September im U-Bahnhof Kaiserdamm von jungen Männern angegriffen worden. Auf der Flucht rannte er in ein Auto und kam dabei ums Leben.
Die neuen Gewaltexzesse im Nahverkehr werden wohl auch Thema bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU sein, die an diesem Mittwoch beginnen. „Wir werden auch über Personal und Ausstattung bei der Polizei reden müssen“, sagte Berlins CDU-Vorsitzender Frank Henkel der „Bild am Sonntag“.
Nach Ansicht von Experten lassen sich Gewalttaten nicht allein mit mehr Polizeipräsenz und Überwachungskameras bekämpfen. Kameras würden „im Moment der Tat nicht registriert“, hatte der Psychiater und Gerichtsgutachter Karl Kreutzberg vor einiger Zeit in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ gesagt.
Gewalt in Bahnhöfen gebe es deshalb so oft, weil dort die soziale Kontrolle am geringsten sei, ergänzte Kreutzberg. Schon vor Jahren hätten etwa die Berliner Verkehrsbetriebe BVG ihr Personal flächendeckend abgezogen. „Damit war auch ein Stück Sicherheit weg, und der so entstandene herrenlose Raum wurde von den Jugendlichen genutzt.“