Bluttat: Schuss auf Gerichtsvollzieher
Aus Wut über eine Räumungsklage hat ein Solinger einen Gerichtsvollzieher niedergeschossen und sich stundenlang im Haus verschanzt.
Solingen. Ohne Vorwarnung hat gestern Morgen um kurz vor 9 Uhr ein 52-jähriger Solinger mit einer Pistole auf einen Gerichtsvollzieher gefeuert. Der Beamte (55), der einen Räumungsbeschluss durchsetzen sollte, wurde durch den Bauchschuss schwer verletzt und musste operiert werden. Er war laut Polizei aber nicht in Lebensgefahr.
Nach dem Schuss verschanzte sich der Täter im Haus seines Vaters. Mehr als 40 Polizisten, darunter schwer bewaffnete Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK), riegelten das Gebäude weiträumig ab. Der Verhandlungsgruppe gelang es um 11.15 Uhr telefonisch, den Mann zur Aufgabe zu bewegen.
Mit fünf Mitarbeitern einer Entrümpelungsfirma war der Gerichtsvollzieher zu dem Haus gekommen. Der Vater des Täters, der auch dort lebt, hatte den Räumungsbeschluss erwirkt. "Der Gerichtsvollzieher schellte am Vordereingang, wir waren auf dem Weg zum Hintereingang, als wir den Schuss hörten", erzählt ein Mitarbeiter der Entrümpelungsfirma. Kurze Zeit später sei der Beamte, die Hand auf die blutende Bauchwunde gepresst und gestützt von einem Kollegen, ihnen entgegengekommen.
Schon seit Montag hatte die Firma in der Wohnung aufgeräumt. Aus der mit Müll und Gerümpel vollgestopften Wohnung des Schützen habe man vier 30-Kubik-Container abgefahren. Der 52-Jährige ist als "Messie" bekannt. Er war oft mit seinem Fahrrad und einem Anhänger unterwegs, voll beladen mit Unrat, den er aus Mülltonnen holte und ins Haus brachte. "Er war immer freundlich, aber eben ein kranker Mann", so die entsetzten Nachbarn.
Der Täter, der einen Waffenschein besaß und Sportschütze war, hatte mehrere Waffen in seiner Wohnung. Deshalb, und weil gestern der Hinweis kam, dass möglicherweise Chemikalien in der Wohnung sein könnten, gingen Polizei, SEK und Feuerwehr mit größter Vorsicht vor.
Im Einsatz war auch eine Verhandlungsgruppe der Polizei, die das Gespräch mit dem Täter suchte. "Am Ende rief der Schütze selbst in der Leitstelle an, und das psychologisch geschulte Team konnte ihn überzeugen aufzugeben", so Polizeisprecher Gustav Heyer.
Schon im vergangenen Jahr hatte die Polizei bei einer Durchsuchung der Wohnung mehrere illegale Schusswaffen gefunden, wie Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt bestätigte.
Am Dienstag stieß die Entrümpelungs-Firma in der Wohnung des Mannes auf eine Handgranaten-Attrappe. Am Mittwoch wurde das Ordnungsamt wegen eines weiteren brisanten Fundes alarmiert: mehrere hundert Geschossköpfe für Patronen, dazu einige leere Patronenhülsen. In Containern vor dem Haus entdeckte man später auch noch Schwarzpulver.
Unklar ist, ob der Gerichtsvollzieher von dieser Vorgeschichte wusste, als er ohne Polizeibegleitung zum Haus des Schützen fuhr. An anderen Tagen hatte er Polizeischutz angefordert. "Die Polizei hat dem Gerichtsvollzieher im Zusammenhang mit der Zwangsräumung dreimal Amtshilfe geleistet", so Staatsanwalt Kaune-Gebhardt.
Ein Video finden sie unter folgendem Link: