Bond-Welt: Agentenmythos in den Alpen

Eine Bond-Welt auf dem Schilthorn: „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ wurde zu einem Glücksfall für die Region.

Mürren. Andere Seilbahnen in den Schweizer Alpen mögen beim Abfahren klingeln oder tuten. In den Kabinen der Schilthornbahn jedoch erklingt die wohl bekannteste Titelmelodie der Filmgeschichte — das „James Bond Theme“.

Kein Wunder: Der Geheimagent bewahrte die einst längste Luftseilbahn der Welt vor einer drohenden Pleite. Mehr als 40 Jahre danach öffnete nun auf dem 2970 Meter hohen Schilthorn — gegenüber vom Gipfel-dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau — die neu gestaltete „Bond World 007“ ihre Pforten.

Wo früher kaum mehr als ein paar Schautafeln von der Verwandlung des Schilthorns in den fiktiven Filmschauplatz Piz Gloria erzählten, widmet sich nun eine moderne Ausstellung dem Mythos Bond. Im Mittelpunkt steht jenes cineastische Ereignis, das dem Bergdorf Mürren — Ausgangspunkt für Schilthorn-Touren — seine „1968-er Revolution“ bescherte: Die Dreharbeiten für den sechsten Bond-Film „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“.

Vom 21. Oktober 1968 an, so berichtete die „Berner Zeitung“, habe die 120-köpfige Filmcrew den Ort in Aufruhr versetzt. Tagsüber donnerten Hubschrauber über Mürren hinweg. In der Nacht habe für die feierwütigen Filmleute die Polizeistunde aufgehoben werden müssen. Für die größte Aufregung sorgten aber weder der Typ mit der Kino-Lizenz zum Töten noch der glatzköpfige Filmbösewicht Ernst Stavro Blofeld (Telly Savalas) mit seiner weißen Katze.

Das schafften vielmehr die zehn bildhübschen „Bond-Mädchen“. Dem Australier George Lazenby brachten die attraktiven Damen freilich kein Glück: Er ging in die Filmgeschichte als der einzige der sechs 007-Darsteller ein, für den der erste Bond-Film auch der letzte war.

Zugleich ging „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ als der Streifen mit der herrlichsten Bergkulisse in die 007-Annalen ein. Und mit einem aufsehenerregenden Gebäude — dem ersten alpinen Drehrestaurant der Welt. Als Regisseur Peter Hunt der fast fertiggestellte Rundbau des Berner Architekten Konrad Wolf auf dem Schilthorn gezeigt wurde, war die Schauplatzsuche beendet: „Perfekt“, entschied Hunt.

Bevor er seiner Bestimmung als Restaurant gerecht werden konnte, musste der Konrad-Bau als Heimstatt des Bösen dienen. Die Entscheidung rettete damals das ingenieurtechnisch geniale, aber wirtschaftlich riskante Projekt Schilthornbahn. Statt der eigentlich erwarteten tiefroten Zahlen schrieb das Unternehmen dank der Popularität durch den Bond-Film bald schwarze.

„Als Bond-Drehort verfügt die Schilthornbahn über einen Werbefaktor, der auf der ganzen Welt auf Anhieb verstanden wird — bis heute“, schrieb die Schweizer Nachrichtenagentur sda. Doch der 007-Glanz wäre wohl allmählich verblasst, wenn Schilthornbahn-Chef Christoph Eggert nicht entschieden hätte: „Dieses Thema wollen wir spürbar beleben und ausbauen.“

Das Ergebnis: eine interaktive High-Tech-Show auf 3000 Metern Höhe. Die Schlüsselszenen des Films sind nun nacherlebbar — vom simulierten Helikopterangriff auf Blofelds Bergfeste im Originalgehäuse einer Alouette III der Air Glaciers bis hin zum „Ride“ im orangefarbenen Bobschlitten, in dem Bond einst dem Bösewicht bei einem halsbrecherischen Rennen davonraste.