Boris Becker: Das Private ist das Geschäftliche

Der Ex-Tennisprofi will mit Videos im Internet zeigen, „wie ich wirklich bin“. Einen Gefallen tut er sich damit nicht.

München. Boris Becker lässt sich mit seiner Freundin, der Niederländerin Lilly Kerssenberg, durch Berlin kutschieren: "Ich war schon in Berlin, als es die Mauer gab." "Sie sagt: "Ja." Er sagt: "Man fühlt sich wohl hier, man hat immer ein historisches Gefühl." Sie sagt: "Ja." Er sagt: "In Holland kann man ja nicht Autofahren. Sei froh, dass man dich in Deutschland reingelassen hast, da kannst du Autofahren." Sie sagt: "Ja." Der Sprecher sagt: "Boris und Lilly - zwei, die sich verstehen."

Der Dialog entstammt einem Video auf Boris Beckers neuem Internetkanal. Der ehemalige Tennisprofi findet es "wirklich sehr nervig, dass mein Privatleben dermaßen im Mittelpunkt steht". Zu dem Problem präsentiert er eine verblüffende Lösung.

Statt sich aus dem Rampenlicht zurückzuziehen, stellt er selbst noch mehr Kameras an. Sein Argument: "Wer ich aber wirklich bin, wie wichtig mir meine Familie ist, wie stark ich mich karitativ engagiere, dass ich Geschäftsmann bin, der vielen Menschen attraktive Jobs bietet - all das kann ich durch Boris-Becker.tv jetzt so darstellen, wie es wirklich ist."

Es ist schwer vorstellbar, dass er diese PR-Sprechblase selbst glaubt. Aber was sagt man nicht alles unter Erfolgsdruck. Und den hat der 41-Jährige.

Seit dem Ende seiner Tenniskarriere besitzt der dreifache Wimbledon-Gewinner zwar drei Autohäuser in den neuen Bundesländern, doch ein echter Big Point ist ihm nicht mehr gelungen. Und das schnelle, luxuriöse Leben zwischen Kitzbühel und Miami, Zürich und München will trotzdem finanziert sein.

Boris Becker läuft heute im Maßanzug statt im Tennishemd herum. Doch manche frühere Geschäftspartner sagen, ihm sei bis jetzt nicht klar geworden, dass man im Geschäftsleben einen längeren Atem haben muss als für ein Fünf-Satz-Match.

Der Mann aus Leimen lebt zudem weiter in der Vorstellung, die Öffentlichkeit wäre begierig auf jede seiner Lebensäußerungen. Doch das ist spätestens seit seiner Kurz-Verlobung mit Sandy Meyer-Wölden und seinem Hochzeitsversprechen bei "Wetten, dass?" vorbei: In Internetforen finden ihn viele "total peinlich".

Aus Beckers Sicht, der seine Hochzeit am 12. Juni beizeiten exklusiv an RTL verkauft hat, ist die Geschäftsidee mit dem Videokanal allerdings eine Supersache. Er widmet sich einer Lieblingsbeschäftigung - der Selbstdarstellung - und muss nur noch darauf warten, dass die Werbekunden ins Boris-Fernsehen strömen. Folglich ist nun auch in den "seltenen unbeobachteten Momenten" (Sprechertext im Video) die Kamera dabei.

Und die hält für die Kurzfilmchen Beckers Selbstverliebtheit erbarmungslos fest: "Wir haben Miami letzte Nacht verlassen, sind nach Zürich geflogen, haben uns bei mir umgezogen und zu Mittag gegessen. Sehr lecker!" In Kitzbühel schlurft er schlaff durch den Schnee. Ein kleines bisschen mehr Spannung hätte man schon erwartet.