Brand zerstört eine Familie
Drei Kinder und ihre Mutter starben in den Flammen. Der Vater rettete sich durch einen Sprung aus dem Fenster.
Moers. Der Vormittag nach der Schreckensnacht: Die Fenster klaffen wie zwei große schwarze Löcher in der verrußten Hauswand, ein Polizist lehnt im Türrahmen des völlig zerstörten Blumengeschäfts und reibt sich die geröteten Augen. Ringsherum stehen Nachbarn in kleinen Gruppen zusammen, vielen steht der Schrecken noch ins Gesicht geschrieben. "Ich krieg schon wieder eine Gänsehaut", sagt Udo Weiß, während er auf die verkohlten, frei liegenden Balken des Dachstuhls schaut. "Ich kannte die Familie nur vom Sehen - aber das geht mir wirklich sehr nahe."
Es war kurz vor ein Uhr in der Nacht zu Mittwoch, als die Leitstelle Wesel Großalarm auslöste. Doch als die ersten Löschfahrzeuge eintrafen, stand das zweigeschossige Wohn- und Geschäftshaus im Moerser Stadtteil Repelen schon lichterloh in Flammen. In dem 1907 gebauten Haus war vieles aus Holz.
Für eine 34-jährige Mutter und ihre ein, drei und fünf Jahre alten Kinder kam jede Hilfe zu spät. Sie kamen in den Flammen ums Leben. Der Vater, ebenfalls 34 Jahre alt, hatte sich mit einem Sprung aus dem Fenster retten können. Den Fünf-Meter-Sturz, gebremst durch die Markise vor dem Blumengeschäft, überlebte er schwer verletzt.
Frank Schicker wohnt direkt gegenüber und hatte als einer der ersten das Unglück bemerkt. "Ich schaute aus dem Fenster und dachte erst, es sei dichter Nebel aufgezogen. Dann sah ich den Feuerschein."
Schicker rief die Feuerwehr, rannte herunter auf die Straße und klingelte bei den Nachbarn in dem brennenden Haus. "Die waren zum Glück schon auf dem Weg nach unten." Erst danach kamen die Emotionen in ihm hoch. "Ich habe als Kind schon einmal einen Brand miterlebt. Die ganzen Bilder gingen mir wie im Film wieder durch den Kopf."
Auch Nachbar Christian Rohr hat das Inferno mit ansehen müssen. "Meine Freundin rief plötzlich ,Es brennt’, dann sah auch ich den Feuerschein." Noch lange beobachtete er von seiner Wohnung aus die Rettungsarbeiten, musste immer wieder an die Kinder der Familie denken. "Erst am nächsten Morgen habe ich erfahren, dass sie und die Mutter tot sind. Da wurde mir richtig flau im Magen, obwohl ich sie kaum kannte."
Die beiden älteren Kinder (drei und fünf) gingen in eine Kindertagesstätte der Arbeiterwohlfahrt (Awo) direkt hinter ihrem Haus. Die Erzieherinnen dort stehen unter Schock. "Wir haben die Eltern gebeten, ihre Kinder wieder mit nach Hause zu nehmen.
Für die Kinder, deren Eltern zur Arbeit mussten, haben wir eine Notfallgruppe gebildet. Ein Kinderpsychologe ist da", berichtet Birgit Abraham, Vize-Geschäftsführerin des Awo-Kreisverbands, mit belegter Stimme. An Alltag sei auch in den kommenden Tagen nicht zu denken. Sie schaut vom Eingang der Kita auf die verkohlten Dachbalken: "Das wirkt wie ein Mahnmal."
Im Foyer haben die Erzieherinnen einen kleinen "Trauertisch" mit Blumen aufgestellt. "Dort können die Kinder mit selbst gemalten Bildern Abschied von ihren Freunden nehmen", erklärt Abraham. Am Abend findet eine Andacht in der evangelischen Dorfkirche statt.