Williamson ist wieder in England
Nach seiner erzwungenen Ausreise aus Argentinien hüllt sich der umstrittene Geistliche in Schweigen.
London. Eigentlich wollte Meyer Gruber nur seine jüdische Familie am Flughafen in London Heathrow abholen. Dass er dabei auf einen der derzeit prominentesten Holocaust-Leugner treffen würde, hatte er nicht geahnt. "Es verletzt mich sehr, dass jemand den Holocaust leugnet.
Unsere ganze Familie hat darunter gelitten", sagte Gruber. Hinter ihm wartete eine Horde Journalisten auf die Ankunft des britischen Bischofs und Pius-Bruders Richard Williamson. Mittwochmorgen betrat Williamson dann nach seiner Ausweisung aus Argentinien in einem Blitzlichtgewitter wieder europäischen Boden - und verschwand wenig später wieder.
Umzingelt von Polizisten, Sicherheitsleuten sowie raufenden Fotografen und Kamerateams verließ Williamson kommentarlos und mit versteinerter Mine das Terminal. Wohin dann die Reise in dem verdunkelten Wagen ging: unbekannt. Das Katz- und-Maus-Spiel, das schon in Argentinien begonnen hatte, geht weiter. Niemand konnte - oder wollte - Auskunft über den Verbleib des 68-Jährigen geben: weder die britische Regierung noch die Pius- Bruderschaft selbst.
Dort hieß es nur, man habe keine Informationen über seinen Verbleib. Dennoch wurde gemutmaßt, dass Williamson bei den erzkonservativen Pius-Brüdern unterkommen wird. Auch machten Spekulationen die Runde, wonach er mit dem bekannten britischen Holocaust-Leugner David Irving Kontakt aufnehmen wird. Er wolle sich dabei erkundigen, wie man seine Ansicht zu der Massenvernichtung der Juden präsentieren kann, ohne eine Kontroverse zu verursachen, schrieb die Zeitung "The Times".
Williamson hat aber bereits offen seine Meinung verbreitet: Einem TV-Sender hatte er gesagt, dass statt sechs Millionen Juden maximal 300 000 in Nazi-Lagern umkamen - Gaskammern habe es nicht gegeben. Ein Aufschrei ging aber erst um die Welt, als der deutsche Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation Williamsons und drei anderer Bischöfe der Pius-Bruderschaft im Januar aufhob. Der Vatikan hatte nach eigenen Angaben nichts von den Äußerungen gewusst und forderte Williamson zum Widerruf auf.
Mit der Aufhebung der 1988 ausgesprochenen Exkommunikation nach den verbotenen vier Bischofsweihen durch Erzbischof Marcel Lefebvre hofft der Vatikan, den Weg zu ebnen, dass die Pius-Bruderschaft mit weltweit etwa 500 Geistlichen und rund 600 000 Anhängern wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurückkehren kann. Voraussetzung ist, dass sie den Papst und das bisher von ihr in wichtigen Teilen abgelehnte Zweite Vatikanische Konzil anerkennt.
Dass ein Mann, der den Holocaust leugnet und andere krude Verschwörungstheorien verbreitete, auch in England kein gern gesehener Gast ist, ist kein Geheimnis. Die katholische Kirche hatte seine Ansichten bereits als "vollkommen inakzeptabel" verurteilt.
Die Nicht-Gläubigen-Vereinigung National Secular Society erklärte: "Die schändlichen Ansichten dieses Mannes werfen ein Licht auf den Rechtsruck des Vatikans unter dem derzeitigen Papst." Doch die Einreise konnte Williamson in London nicht verboten werden, da er sich nach britischem Recht nichts zuschulden kommen lassen hat. Das Leugnen des Holocaust ist, anders als in Deutschland, hier keine Straftat.