Britischer Museumsstar fürs Berliner Schloss

Berlin/London (dpa) - Der erhoffte ganz große Coup ist es nicht, aber doch ein beachtlicher Paukenschlag. Neil MacGregor, der Pop-Star der internationalen Museumsszene, soll dem bisher wenig geliebten Kulturzentrum im Berliner Schloss (ambitioniert: „Humboldtforum“) Leben einhauchen.

Britischer Museumsstar fürs Berliner Schloss
Foto: dpa

Ursprünglich hatten die deutschen Kulturverantwortlichen gehofft, den 68-jährigen Chef des British Museum in London als Intendanten für ihr Vorzeigeprojekt zu gewinnen. Jetzt wird er ab Oktober nur „Leiter der Gründungsintendanz“, wie es heißt. Aber immerhin. Dem verkopften Mammutprojekt kann das nur guttun.

Für MacGregor ist der Wechsel zum Humboldtforum in Berlin auch ein Abschied aus der Vollzeit-Tätigkeit, wie er mitteilte. Der Rohbau für das 590-Millionen-Euro-Projekt im Zentrum der Stadt ist praktisch fertig, am 12. Juni soll Richtfest sein - die Hohenzollernresidenz war im Krieg stark beschädigt und zu DDR-Zeiten gesprengt worden.

Doch so wenig sich die Berliner bisher für Spenden zur Barockfassade begeistern ließen, so wenig ist auch der Funke für das Anliegen von Deutschlands größtem Kulturprojekt übergesprungen. Trotz zahlloser Diskussionsrunden, Probebühnen und Workshops ist die Idee von einem „Zentrum der Weltkulturen“ vis-à-vis der Museumsinsel immer noch seltsam schwammig.

„Mit dem Humboldtforum wollen wir einen Ort schaffen, an dem neue Geschichten der Welt erzählt, Verbindungen aufgetan und gemeinsame Anliegen diskutiert werden“, so formulierte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Mittwoch den Arbeitsauftrag für die neue Gründungsintendanz. Ihr sollen neben MacGregor auch der Historiker Horst Bredekamp und der Archäologe Hermann Parzinger angehören.

Aufgabe des Trios wird es zunächst sein, die Vorstellungen der drei künftigen Nutzer zu einem Konzept aus einem Guss zusammenzuführen. Der Hauptakteur, die von Parzinger geführte Stiftung Preußischer Kulturbesitz, will im einstigen Schloss ihre Sammlungen außereuropäischer Kunst unterbringen, die derzeit im Ortsteil Dahlem ein Schattendasein fristen.

Die Humboldt-Universität wird sich auf ihrer Fläche dem Thema Vernetzung der Wissenschaft widmen. Und das Land Berlin hat in einem überraschenden Kurswechsel unter dem neuen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine Ausstellung zur Berliner Geschichte angekündigt. Laut Grütters soll die Stadt dabei vor allem als Beispiel für eine moderne kosmopolitische Entwicklung gezeigt werden.

Schon im vergangenen Jahr hatte die Staatsministerin, angeblich sogar mit Schützenhilfe von Bundeskanzlerin Angela Merkel, um MacGregor als Aushängeschild geworben. Mit Hinweis auf sein Alter lehnte der gebürtige Schotte einen Fulltime-Job aber ab. Wie er am Mittwoch mitteilte, will er nun Ende des Jahres die Führung des British Museum abgeben und sich zwischen der BBC, dem Museum im indischen Mumbai und Berlin aufteilen.

Einem so großen Projekt wie dem Humboldtforum entspreche die jetzt gefundene Teamlösung vielleicht noch besser, meint Grütters - und bekommt für ihren Schachzug sogar von der Opposition Glückwünsche. Und MacGregor sprach gar von einem „unvergleichbaren Potenzial“ des Humboldtforums: „Das ist eine historische Chance für Deutschland, für Europa, für die ganze Welt.“

MacGregor gilt als einer der quirligsten und innovativsten Museumsmacher. Allein mit seinen populären BBC-Radiosendungen hat er bewiesen, wie man Kunst und Kultur auch unterhaltsam unters Volks bringen kann. Sein Megaseller „Geschichte der Welt in 100 Objekten“ wurde 2012 als Wissensbuch des Jahres ausgezeichnet.

Seit er das British Museum 2002 übernahm, hat es sich zur beliebtesten Attraktion für Touristen in Großbritannien entwickelt und liegt mit 6,7 Millionen Besuchern pro Jahr weltweit auf Platz zwei hinter dem Pariser Louvre. Kein Wunder, dass die Briten den „Heiligen Neil“, wie er oft genannt wird, ungern gehen lassen. Die Suche nach einem Nachfolger laufe ab sofort, sagte eine Sprecherin am Mittwoch. „Aber wir sind ganz am Anfang. Wir haben keine Longlist und keine Shortlist.“