Chinesischer Sammler trickst Christie’s aus
Telefonbieter ersteigert Bronzeköpfe, verweigert aber die Bezahlung der Beutekunst.
Peking. Woran die chinesische Regierung und rund 90 von ihr in Marsch gesetzte Rechtsanwälte gescheitert waren, hat jetzt der Pekinger Kunsthändler Cai Mingchao geschafft: Er hat die Versteigerung zweier aus China vor 150 Jahren gestohlener Bronzefiguren aus der Sammlung Yves Saint Laurent und Bergé durch das Auktionshaus Christie’s vorerst verhindert.
Fünf Tage nach der Auktion gab sich Cai als derjenige Telefonbieter zu erkennen, der die beiden Figuren - eine Ratte und einen Hasen - für rund 31Millionen Euro, das doppelte des Schätzwertes, ersteigert hatte. Und der jetzt mit Verweis darauf, dass es sich um Beutekunst handele, die Bezahlung verweigert.
"Ich glaube, jeder Chinese hätte sich in dieser Situation erhoben", erklärte Cai in Peking. Christie’s besteht in einer ersten Reaktion zwar auf der Bezahlung und kündigte rechtliche Schritte an. Aber vorerst kommen beide Kunstwerke nicht auf den Markt.
Diese Situation will nun die chinesische Anwaltsgruppe nutzen, die zuvor vergebens durch eine Eilentscheidung die Versteigerung zu verhindern versucht hatte. Cai Mingchao sei ein Patriot, der viel Geld dafür aufgebracht habe, um geraubte Kulturgüter nach China zurückzubringen, sagten die Anwälte. Er sei gezwungen gewesen, den Verkauf zu stoppen. Damit würden nun neue rechtliche Schritte der Anwaltsgruppe gegen Christie’s und Bergé vor französischen Gerichten möglich.
Während Cai erklärte, er habe dies "im Namen des chinesischen Volkes getan", betonte die chinesische Regierung, nichts mit dieser Aktion zu tun zu haben. Offenbar war die Regierung in Peking vom Coup des Kunstsammlers selbst überrascht, denn sie hatte zuvor angekündigt, gegen den bis am Montag unbekannten Erwerber der beiden Kunstobjekte gerichtlich vorzugehen. Die staatliche Verwaltung von Kulturgütern erklärte am Montag, China werde weiter über die rechtmäßige Rückgabe der Kunstschätze sprechen. "Wir können darüber verhandeln."
Cai Mingchao betont zwar, er habe als Privatmann gehandelt, die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua meldete jedoch, der Kunstsammler habe zusammen mit der halbamtlichen Stiftung Nationales Kulturerbe die Ersteigerung vorgetäuscht, um einen Verkauf an Dritte zu verhindern. Die Stiftung bemüht sich seit 2002 darum, geplünderte Kunstschätze nach China zurückzubringen. Cai gehört zu den Beratern der Stiftung.
Die beiden umstrittenen Bronzeskulpturen gehören zu einem Ensemble von zwölf Tierköpfen, die den chinesischen Kalender verkörpern. Sie sind Teil eines Brunnens, den der französische Jesuit Michel Benoist im 18.Jahrhundert für den Sommerpalast des Kaisers Qianlong (1735 bis 1795) im Nordwesten Pekings konzipiert hatte.
Als britische und französische Truppen im Jahre 1860 Peking plünderten, verschwanden auch die zwölf Bronzefiguren. Inzwischen hat China fünf der Figuren dank privater Geldgeber zurückerworben. Jetzt tauchten in der Sammlung Yves Saint Laurant überraschend die beiden weiteren Köpfe auf. Fünf Figuren des Ensembles gelten weiter als verschollen.
Bei der "Jahrhundertversteigerung" der Sammlung des verstorbenen Modeschöpfers Saint Laurent bei Christie’s war ein Gesamterlös von 373,5 Millionen Euro erzielt worden.