Claudia Michelsen: Den Promi-Zirkus mag sie nicht
Gespräch: Claudia Michelsen (40) ist eine der besten deutschen Schauspielerinnen. Aber berühmt werden wollte sie nie.
Berlin. Claudia wer? Claudia Michelsen. Grüne Augen, kluge Ausstrahlung, erwachsene Ansichten. Aber bitte vergessen Sie das alles wieder. Denn die 40-Jährige hat keine Lust auf den Promizirkus. Sie ist eine der besten deutschen Schauspielerinnen und eine der Besten darin, den Publicity-Ball flach zu halten.
Ein grauer Dienstagmorgen in Berlin. Sie will sich nicht im Café treffen, da ist es ihr zu laut. Also sitzt sie jetzt auf dem Bürosofa ihrer Agentur. Die Lederjacke bleibt an, die dunklen Locken sind zurückgebunden, die grünen Augen blicken aufmerksam. Was man über sie weiß? Dass sie keine Lust hat auf Interviews über Kusstechniken oder Diätversuche. Reden wir also über die Arbeit. Donnerstag kommt "Die Päpstin" ins Kino, am 4. November wird der ARD-Spielfilm "Sieben Tage" ausgestrahlt, am 13.November startet die neue ZDF-Krimiserie "Flemming" mit ihr in einer Hauptrolle.
"Die Päpstin kann man nicht ernsthaft dazu zählen", sagt Michelsen. Ihre Rolle sei enorm klein, die wichtigste Szene übel eingedampft. Angeberei klingt anders. Den ARD-Film "Sieben Tage" dagegen lässt sie gelten. "Das ist ein ganz besonderer Film geworden, ich bin total überrascht." Die Kritiker dagegen verwundert das nicht. Ein Film mit Claudia Michelsen kann nicht in die Hose gehen.
Die gebürtige Dresdnerin, die schon mit 16 nach Ost-Berlin in die Schauspielschule ging und dann in der Wendezeit an der Volksbühne zum Nachwuchsstar wurde, spielt hier zusammen mit Samuel Finzi ein Ehepaar, das nach dem Verschwinden seiner 14-jährigen Tochter in eine schwere Krise gerät.
Zehn Tage später taucht die Paarung Michelsen/Finzi beim ZDF wieder auf: Finzi spielt den Polizeipsychologen Vincent Flemming, Claudia Michelsen ist Ann Gittel, seine geschiedene Frau und Vorgesetzte. Eine ganz besondere Arbeit - dank der außerordentlichen Drehbücher und der hervorragenden Besetzung. Aber auch hier: Bloß keine Allüren. "Letztlich heißt die Serie ,Flemming’ und nicht ,Ann Gittel’. Trotzdem hat es großen Spaß gemacht."
Drei Sätze sind es, die das Ganze erklären. Erstens: "Ich bin nicht Schauspielerin geworden, um berühmt zu werden, sondern aus politischen Gründen." Zweitens: "Solange ich noch am Bügelbrett stehe, ist alles in Ordnung." Den Satz hat sie von Meryl Streep. Drittens: "Sei immer gut in der zweiten Reihe."
Zusammen mit dem Schweizer Schauspieler Anatole Taubman und ihren beiden Töchtern Lina und Tara lebt Michelsen in Berlin. Auf der Straße wird sie selten erkannt. Aber sie kennt die Spielregeln der Branche: "Ein Film wie ,Sieben Tage’ hat es schwer. Das Thema ist nicht ohne." Was macht man da? Zieht man los und erzählt den Illustrierten ein paar nette Details aus der Abteilung "Was unsere Liebe zusammenhält" - und hofft dann, dass die Leute abends den Fernseher einschalten? Sie rollt die grünen Augen.
Ihre ältere Tochter ist jetzt zwölf. Wie schützt man Mädchen davor, von einem Leben als Castingstar zu träumen? "Das ist wahnsinnig schwer." Erst hat sie den Kindern das "Verblödungsfernsehen" verboten. Dann hat sie es zusammen mit ihnen angeschaut und sich ein bisschen lustig gemacht. "Man muss das zusammen entlarven." Großer Seufzer. "Das macht dann schon wieder Spaß."