Concordia-Opfer: Feilschen um Entschädigung
Nach dem Kreuzfahrt-Unglück wirbt ein US-Anwalt deutsche Überlebende an. Er will eine Millionensumme erstreiten.
München. Dutzende Anwälte sollen nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“ weltweit Überlebende und Opfer-Angehörige vertreten. Auch viele deutsche Opfer der Katastrophe haben inzwischen Rechtsbeistand gesucht.
Am Samstag warb US-Anwalt John Arthur Eaves in München um deutsche Mandanten. Er will vom US-Konzern „Carnival“, zu dem die italienische Reederei „Costa Crociere“ gehört, Rekordsummen von bis zu mehreren Millionen Euro erstreiten. Andere Anwälte setzen deutlich niedriger an.
Die entscheidende Frage dabei ist: Welche Schadenssumme für die Tortur auf der Costa Concordia ist angemessen? „Es war alles ein Chaos“, berichtet Birgit Schretzmeir aus Wertingen, die mit ihrem Partner Peter Denzel und Freunden an Bord war. „Wir sind sehr lange belogen worden.“ Die beiden kamen mit den Letzten von Bord.
Die Reederei hat für die Schreckensnacht 11 000 Euro plus 3000 Euro für zusätzliche Ausgaben angeboten. US-Anwalt Eaves hält das für viel zu wenig. „Sie könnten mir nicht 11 000 Euro anbieten, als Gegenleistung dafür, dass ich sechs Stunden allein im Dunkeln Todesangst ausgestanden habe.“ Mindestens 100 000 Dollar fordert Eaves pro Mandant, bei Todesfällen zwei bis fünf Millionen Dollar.
Andere Anwälte haben niedrigere Vorstellungen. Der deutsche Anwalt Andreas Widmann sagte im Februar, 11 000 Euro seien angemessen für Passagiere ohne bleibende körperliche oder seelische Schäden. Eine Mailänderin wiederum, die nach dem Unglück eine Fehlgeburt erlitt, verlangt eine Million Euro.
Eaves vertritt auch Mandanten einer Bozener Kanzlei. In Italien gibt es zwar gute Entschädigungsmöglichkeiten in Todesfällen. Der Bozener Anwalt Markus Wenter sagt, er rate dennoch zum Gang in die USA, gerade, wenn niemand umgekommen sei. „Wir sind jetzt schon so stark, dass uns die Reederei ernst nehmen muss.“
Eaves vertrete etwa 100 Menschen. Er hoffe, dass es nach der Vorstellung am Samstag noch mehr würden, sagt Wenter. Die Betroffenen, die zu dem Treffen gekommen sind, überlegen noch, ob sie über die US-Kanzlei gehen. „Das Konzept klingt schlüssig“, sagte ein Überlebender.