Neues Infektionsschutzgesetz beschlossen Weg für Ende der meisten bundesweiten Corona-Einschränkungen frei
Der Weg für ein Ende der meisten bundesweiten Corona-Beschränkungen ist frei. Einige Vorgaben sollen aber bleiben.
Das neue Infektionsschutzgesetz ist unter Dach und Fach. Nach dem Bundestag billigte am Freitag auch der Bundesrat die Neuregelung, die künftig nur noch Basisschutzmaßnahmen und härtere Regeln in Hotspots ermöglicht. Bis zum 2. April können die Länder die bisherigen Corona-Auflagen übergangsweise fortsetzen. Die Länder zeigten sich sehr unzufrieden mit dem neuen Gesetz, ließen es aber dennoch passieren.
Denn andernfalls hätte es künftig gar keine Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mehr gegeben. Die gesetzlichen Grundlagen für die derzeitigen Beschränkungen laufen am Samstag aus. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) warf dem Bund vor, das Gesetz ohne Abstimmung mit den Ländern neu gefasst zu haben.
Corona in Deutschland: Infektionsschutzgesetz soll ab Sonntag gelten - Übergangsfrist gilt bis Anfang April
Die neue Rechtsgrundlage soll von diesem Sonntag an gelten, weil die jetzige am Samstag ausläuft. Zur Pandemie-Kontrolle möglich sind den Ländern damit noch wenige allgemeine Vorgaben zu Masken und Tests in Einrichtungen für gefährdete Gruppen wie Kliniken und Pflegeheimen. In Bussen und Bahnen soll weiterhin Maskenpflicht gelten können.
Für regionale Hotspots sollen aber weitergehende Beschränkungen möglich sein, wenn das Landesparlament für diese eine besonders kritische Corona-Lage feststellt. Alle Länder wollen zunächst noch eine vorgesehene Übergangsfrist nutzen und aktuell geltende Schutzregeln bis längstens zum 2. April aufrechterhalten.
Im Bundestag votierten 364 Abgeordnete für die Neuregelungen, 277 lehnten sie ab, zwei enthielten sich. Nach einem heftigen Schlagabtausch hatten in zweiter Lesung SPD, FDP und Grüne dafür gestimmt - alle anderen dagegen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte erneut die künftigen Regeln. Es handele sich um einen „schweren Kompromiss“. Man müsse aber die rechtliche Lage beachten. Durch die aktuelle Omikron-Virusvariante sei eine flächendeckende Kliniküberlastung nicht mehr zu befürchten.
Im Bundesrat beklagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier das Vorgehen des Bundes und die Regelungen in der Sache. „Das Verfahren ist unsäglich und schlichtweg unwürdig“, sagte der CDU-Politiker. Es habe keine Abstimmung mit den Ländern gegeben, die Bundesregierung habe das nicht gewollt. Lauterbach fürchte öffentlich Schlimmstes und lege gleichzeitig so ein Lockerungsgesetz vor. Dies untergrabe die Akzeptanz. Zudem gebe es keine klaren Kriterien zur Definition eines Hotspots. Bereits in der Runde von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten am Donnerstag war breite Empörung laut geworden.
Die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sagte, die Neuregelungen seien „ein wichtiger Schritt in Richtung Normalität, aber bei gleichzeitiger Handlungsfähigkeit“. Die Situation sei nun eine andere als vor zwei Jahren. Trotz „riesiger Inzidenzen“ gebe es weniger Fälle auf den Intensivstationen. Die Grünen machten erneut Unzufriedenheit deutlich. Es sei kein Geheimnis, dass sie sich mehr gewünscht hätten, sagte die Fachpolitikerin Kirsten Kappert-Gonther. Auf die Länder komme nun eine große Verantwortung zu, die vorgesehene Übergangsfrist und Regelungen für Hotspots zu nutzen. „Wenn die neuen Maßnahmen nicht ausreichen werden, müssen wir nachsteuern.“
Die Union kritisierte die Neuregelungen scharf. Sie erzeugten ein Wirrwarr, sagte der CDU-Fachpolitiker Tino Sorge. Die Koalition habe nicht geklärt, wann genau eine Kliniküberlastung drohe. Dies ist das von der Ampel vorgesehene hauptsächliche Kriterium dafür, dass die Länder selbst für Hotspots weitere Maßnahmen beschließen können.
Die Virus-Ausbreitung beschleunigte sich erneut. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg laut Robert Koch-Institut (RKI) auf den Höchststand von 1706,3 - nach 1651,4 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag. Die Gesundheitsämter meldeten 297 845 neue Fälle an einem Tag, registriert wurden 226 Todesfälle. Die Zahl der in Kliniken gekommenen Corona-Infizierten je 100 000 Einwohner in sieben Tagen gab das RKI mit 7,58 an (Mittwoch: 7,45).