Das Geschäft mit dem Zahngold

Aus Krematorien, Zahnarztpraxen und Dentallabors wird das Edelmetall gestohlen.

Düsseldorf. Beim derzeitigen Goldpreis von rund 1.000 Euro für 30 Gramm trägt so mancher ein kleines Vermögen in seinem Mund herum. Umso begehrter ist Zahngold deshalb bei Kriminellen. Selbst den Goldstaub aus Schleifarbeiten ließen Einbrecher in der vergangenen Woche beispielsweise in einem Bielefelder Dentallabor mitgehen. Das kriminelle Geschäft mit dem Zahngold beschäftigt auch Bestatter und Zahnärzte.

So ermittelt in Hamburg die Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter eines Krematoriums, die Altgold aus der Asche Verstorbener entwendeten. Laut einem Beitrag der "Bestatterzeitung" finanzierte sich der Chef des Krematoriums vom Erlös seinen Winterurlaub im Schweizer Davos. Er und seine Mitarbeiter sind vom Dienst suspendiert.

"Wir verurteilen solche Taten zutiefst", sagte Rolf Lichtner, Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Bestatter. "Als Berufsverband setzen wir unseren Mitarbeitern klare ethische und rechtliche Schranken." In der Regel bleibe das Altgold in der Asche Verstorbener.

Das Edelmetall daraus zu entnehmen sei nur bei Aufforderung der Hinterbliebenen erlaubt. Dann sei es auch den Hinterbliebenen auszuhändigen. Behalten dürften Mitarbeiter von Krematorien das Zahngold "auf keinen Fall". Rund 400.000 Feuerbestattungen gibt es nach Angaben des Verbands pro Jahr, das sind knapp die Hälfte aller Beerdigungen in Deutschland.

Auch in Zahnarztpraxen lockt das edle Metall: Allein in Nordrhein- Westfalen gab es in diesem Jahr nach Angaben des Landeskriminalamts bislang 27 Einbrüche in Dentallabors und Praxen. Sie stahlen zahlreiche Brücken und Kronen. Eine Goldfüllung kann bis zu drei Gramm schwer sein und damit bei aktuellem Marktpreis einen Wert von etwa 100 Euro erreichen.

Dass Zahnärzte Gold aus den Kiefern ihrer Patienten abzweigen, kommt Gerüchten zum Trotz nach Angaben der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) nicht vor. "Ethische Richtlinien zum Umgang mit Zahngold haben wir nicht", sagte BZÄK-Vizepräsident Dietmar Österreich. Der moralische Eid, den die Mediziner leisten, gelte aber auch dafür.

Das für die Anfertigungen gekaufte Material gehöre dem Patienten. "Auch was nach der Füllung übrig bleibt." Der Arzt sei verpflichtet, dem Patienten das Edelmetall auszuhändigen. Alte Goldkronen oder Reste könnten die Patienten aber auch dem Arzt überlassen. Der sei dann verpflichtet, es in Spendenboxen für gemeinnützige Aktionen abzugeben.

So wie Zahnarzt Johannes Peter Stracke: In den vergangenen zehn Jahren hat er als Initiator einer Sammelaktion mit 70 Praxen im Kreis Olpe rund 1,3 Millionen Euro allein aus Zahngold-Spenden gesammelt. Nachdem 1999 sein 17-jähriger Sohn an einer Stoffwechselkrankheit gestorben sei, wolle er benachteiligte Kinder auf ihrem Lebensweg unterstützen, sagt Stracke. 80 Prozent der Spenden gehen an soziale Projekte der Umgebung. Auch an die Flutopfer in Pakistan ging eine Spende. "Wir wollen schnell und unbürokratisch helfen."