Das heilige Land - ganz nah
Ein Freilichtmuseum bei Nimwegen fördert das Verständnis zwischen den Religionen.
Nimwegen. Hier gibt es keine schwer bewaffneten Patrouillen und keine Mauer, die Sicherheit vorgaukeln soll. Dieses Heilige Land liegt nicht im Nahen Osten, sondern vor den Toren Nimwegens. Was 1911 als fixe Idee eines von einer Reise nach Palästina begeisterten Kaplans begann, ist zu einem multireligiösen Freilichtmuseum gewachsen, das seit diesem Frühjahr unter Orientalis firmiert: ein Name, der gleichermaßen für Orient wie für Orientierung stehen soll.
"Die Aufgabe unserer heutigen Arbeit sehen wir darin, das Verständnis zwischen Christentum, Judentum und Islam zu fördern. Toleranz und Vertrauen zueinander stehen dabei in der gegenwärtigen konfliktreichen Zeit im Vordergrund", erklärt Museumsdirektor Pieter Matthijs Gijsbers. Der Besucher wird das Biblische Freilichtmuseum jetzt deutlicher als Ort des Dialogs erleben. "Wir wollen uns stärker aktuellen Fragen zu Kultur und Religion widmen und das Bildungsangebot ausbauen."
Gijsbers verweist darauf, dass das Biblische Freilichtmuseum ein Ort des Wandels sei. Die ursprüngliche Zielsetzung, den Menschen die Welt der Bibel nahe zu bringen, musste erweitert werden, um den veränderten sozialpolitischen Verhältnissen gerecht werden zu können. So soll es im ehemaligen Bibelmuseum bald auch ein "Mohammed-Haus" und eine "Museumsmoschee" geben, gebaut mit einer Spende von 500000 Euro vom Sultanat Oman.
Beim Rundweg durch den 43Hektar großen Naturpark bricht man zu einer Zeitreise in die 2000 Jahre zurückliegende Welt des Heiligen Landes auf. Man steigt in den Gassen des jüdischen Weilers Beth Juda auf und ab, kommt an der syrischen Herberge, einer Karawanserei, vorbei. Dann geht es weiter zu einer Zeltstadt der Beduinen, in den arabischen Tell Arab in die Händler- und Geschäftsstuben. Und schließlich erreicht der Besucher die Via Orientalis, den Schmelztiegel der Kulturen und der religiösen Entwicklungen.
Wie im Jerusalem jener Tage befinden sich hier Wohnhäuser von Arabern, Juden, Römern, Ägyptern und Griechen. Eine ägyptische Grabkapelle aus dem "zweiten Jahrtausend vor Christus" kann ebenso bestaunt werden wie ein Nachbau des Ischtar-Tores aus Babylon, das aus dem 6.Jahrhundert vor Christus stammt. In der römischen Herberge kann man einkehren und sich an Speisen aus jener Zeit laben.
Im Schatten des Statthalterpalastes von Pontius Pilatus arbeitet gelegentlich ein Steinbildhauer. Es gibt ein Skriptorium, Werkstätten, Läden und einen stillen Stadtgarten. Und überall ist man ein willkommener Gast. Hier im Brennpunkt kultureller Prozesse üben die Bewohner unterschiedliche religiöse Praktiken aus.
In der Via Orientalis sind die verschiedenen Gebetsräume museal ausgestaltet. Texttafeln erschließen die Bedeutungen und Zusammenhänge und helfen, die verblüffenden Gemeinsamkeiten der drei monotheistischen Religionen zu erkennen und erinnern daran, dass Juden, Christen und Moslems die selben Vorfahren haben.
Name Der "Museumspark Orientalis" nahe der deutsch-holländischen Grenze bei Nimwegen hieß bis zum Frühjahr noch "Biblisches Freilichtmuseum". Der neue Name soll das tatsächlich Gezeigte besser als bisher repräsentieren. Der Park will laut Museumsleitung "einen aktiven und positiven Beitrag zur multikulturellen Auseinandersetzung" liefern.
Kritik Die multikulturelle Ausrichtung des Parks hatte zum Streit mit dem Bistum Hertogenbosch geführt. Nach Vorstellungen von Bischof Hurkmans hätte statt der Öffnung für andere Religionen die Person von Jesus Christus deutlicher in den Mittelpunkt gerückt werden müssen.
Besucherinfo Der Museumpark Orientalis liegt südöstlich von Nimwegen in dem Dorf Heilig Landstichting auf der Profetenlaan. Infos gibt es unter der Rufnummer 003124/3823110 (man spricht deutsch). Auf der Internetseite lässt sich eine Anfahrtskizze herunterladen. Der Park ist auch an den Weihnachtsfeiertagen geöffnet. Am 24. und 25.12. von zehn bis 16 Uhr, vom 26.12. bis 28. Dezember bis 19Uhr). Eintritt Erwachsene 9,50 Euro; Kinder bis 13 Jahre 5 Euro; Familie (zwei Erwachsene und zwei Kinder) 25 Euro. Hunde dürfen an der Leine mitgeführt werden.