ZDF und MDR: Kiewel muss gehen
Die Moderatorin hat ihren PR-Vertrag nicht nur verschwiegen, sondern auch öffentlich gelogen.
Mainz. Andrea Kiewel war beim ZDF seit Jahren die Frau für die fröhliche Unterhaltung. Doch der Frohsinn dürfte der Moderatorin, die von Pit Weyrich, ihrem Regisseur im "Fernsehgarten", als "weiblicher Gottschalk" gelobt wurde, vergangen sein. Denn sie muss sich einen neuen Job suchen. Das ZDF trennt sich mit sofortiger Wirkung von Kiewel, ebenso der MDR, in dessen Drittem Programm sie seit Januar freitags mit Jan Hofer und Jörg Kachelmann die Talkshow "Riverboat" moderierte.
Die 42-Jährige hat mehrere Werbeverträge mit dem Abnehm-Konzern Weight Watchers geschlossen. Darüber hat sie ihren Sender aber nicht informiert und sogar gelogen, als sie vor laufender Kamera dazu gefragt wurde. Bereits seit Februar 2001 ist Kiewel nach Informationen des "Spiegel" mit den Weight Watchers verbandelt.
Nach diesem Vertrag wurde die frühere Nationalschwimmerin der DDR mit jährlich 150000 Mark entlohnt. Das lief offenbar zu beiderseitiger Zufriedenheit: "Dankeschön für die Nennung bei Beckmann", zitiert "Spiegel online" aus einem Weight Watchers Brief an Kiewel. Sollte sie Details dieses Vertrages ausplaudern, drohte ihr eine Vertragsstrafe von 30000 Euro - und die sonst so plappermuntere Moderatorin Kiewel schwieg.
Bisher bekannt geworden ist eine weitere Vereinbarung von November 2006 bis Februar 2007 über 35000Euro. Auch diese sah vor, dass Kiewel das Diät-Thema in Talkshows platziert. Als sie das bei Johannes B. Kerner so ausdauernd tat, dass der Moderator sie nach einer Werbe-Verbindung fragte, verneinte die Kollegin: "Nein, natürlich nicht." Auch in der MDR-Talkshow "Riverboat" plauderte sie mehrfach über ihre gepurzelten Pfunde.
Kiewel hat sich für ihre offenkundige Lüge in der Kerner-Show beim Sender entschuldigt, doch das kam zu spät. "Schleichwerbung in Sendungen des ZDF ist nicht akzeptabel", sagte ZDF-Intendant Markus Schächter gestern in Mainz. "Die Vertrauensbasis zwischen uns ist zerstört." ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut betonte: "Jeder Moderator und jede Moderatorin im ZDF weiß, dass Schleichwerbung verboten ist." Beim MDR sieht man das genauso.
Die Sender haben auch keine andere Möglichkeit, denn ihre Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Zumindest bei den Öffentlich-Rechtlichen soll der Zuschauer klar unterscheiden können, ob er Information und Unterhaltung oder nur schnöde Werbung sieht. Eindeutig funktioniert die Trennung jedoch nicht. Prominente Gäste gehen häufig nur dann in Shows, wenn sie gerade etwas zu verkaufen haben - aber das immerhin offensichtlich.
Das ZDF wird sechs bereits produzierte Sendungen mit Kiewel dennoch ausstrahlen, sie seien nicht zu beanstanden. Es geht um "Advent in den Bergen" (23. Dezember), "Mein allerschönstes Weihnachtslied" (24. Dezember), "Die ZDF-Hitparty" (31. Dezember) und drei Folgen der Reihe "Kult am Sonntag". Für den "Fernsehgarten" wird eine Nachfolgerin gesucht.
Persönlich Andrea Kiewel wurde am 10. Juni 1965 in Berlin geboren. Sie hat zwei Söhne: Max (21) und Johnny (6). Von ihrem dritten Mann Theo Naumann hat sie sich gerade getrennt.
Beruflich Kiewel gehörte zu Schulzeiten zum nationalen Schwimmkader der DDR. Nach einem Pädagogikstudium arbeitete sie bis 1991 als Lehrerin für Deutsch und Sport. Parallel arbeitete sie von 1990 an für den DDR-Sender DFF, danach für den SFB. Von 1993 an präsentierte sie das Frühstücksfernsehen bei Sat 1. Seit 2000 moderierte sie den "Fernsehgarten" und andere Shows im ZDF.