Das Hochwasser und der Bundestagswahlkampf

Der Einsatz 2002 in Gummistiefeln rettete SPD-Kanzler Gerhard Schröder das Amt.

Berlin. Am Wochenende wurde innerhalb der Bundesregierung noch darüber diskutiert, wie viele „Politiker in Gummistiefeln“ die Menschen im Hochwassergebiet vertragen. Muss Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu gehören? Fest stand nur, dass Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in die Krisenregion fliegen würde. Am Montag verkündete dann Regierungssprecher Steffen Seibert, auch die Kanzlerin werde die betroffenen Gebiete aufsuchen. Und zwar am Dienstag.

Ob Merkel will oder nicht: Erinnerungen an das Jahr 2002 werden wach, als schon einmal eine „Jahrhundertflut“ eine Wahl entschieden hat. Ob „das Auftreten der Kanzlerin in Zusammenhang mit der Flut“ Auswirkungen auf die Umfragen haben könnte, wurde Seibert gefragt. Das sei ein „abseitiger Aspekt“, wehrte er ab. „Es ist vollkommen normal, dass eine Regierungschefin sich vor Ort ein Bild macht über eine Situation, die zu einem Katastrophenzustand geführt hat.“

Es ist eine Gratwanderung, die die Kanzlerin leisten muss. Zeigt sie sich nicht als Deichgräfin im Katastropheneinsatz, setzt sie sich dem Vorwurf aus, die Menschen allein zu lassen. Reist sie hin, werden einige sagen, sie tut das nur wegen des Wahlkampfes. Schuld daran ist ihr Vorgänger Gerhard Schröder. 2002 lag der SPD-Kanzler in den Umfragen deutlich hinter seinem Kontrahenten Edmund Stoiber (CSU), bis die erste „Jahrhundertflut“ das Land heimsuchte. Schröder nutzte geschickt die Gelegenheit. Dass er schließlich seine Kanzlerschaft doch noch verteidigte, ist auch seinem Einsatz während der Flut-Tage zuzuschreiben. Denn während Stoiber zunächst weiter an der Nordsee urlaubte, stand der Genosse bereits in grünen Gummistiefeln in überfluteten Straßen. Auf der Hochwasserwelle schwimmend konnte Schröder so Punkt für Punkt gutmachen.

Für Merkel ist die Lage aber anders. Noch gibt es nicht so dramatische Schäden wie damals. Außerdem liegt die Kanzlerin weit vor ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück. Insofern dürfte der Vorwurf, sie wolle die Flut lediglich im Wahlkampf für sich nutzen, eher ins Leere laufen. Bleibt die Frage, was Steinbrück machen wird: Er werde „einstweilen nicht“ in die betroffenen Gebiete reisen, so ein Sprecher.