Meinung Kanzlerin vor dem Ende

Meinung · Monatelang hat die ganze Republik auf die Wahl in Bayern gestarrt, ganz so, als stünde dort Entscheidendes auf dem Spiel. Nach der historischen Niederlage werde in der CSU kein Stein auf dem anderen bleiben, so die Hoffnung vieler – auch in Reihen der Schwesterpartei CDU.

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Nach Veränderung sieht es nun nicht mehr aus. Zwar hat es tatsächlich eine historische Niederlage gegeben, aber die CSU setzt mit verblüffender Dreistigkeit ihre Politik fort. „Stabilität“ heißt der Begriff, hinter dem sich die Christsozialen versammeln. Mit ihrem künftigen Koalitionspartner ist sich die Partei da ganz einig. Fast nebensächlich ist es dabei, ob Horst Seehofer seinen Posten als CSU-Chef freiwillig räumt oder abgewählt wird – seine Zeit ist so oder so abgelaufen.

Der Druck verlagert sich von der CSU auf die CDU, genauer: auf Angela Merkel. Sollte die CDU am nächsten Sonntag bei der Wahl einbrechen, Volker Bouffier gar sein Amt als Ministerpräsident verlieren, wäre Merkel zu einer Reaktion gezwungen. Aber was kann sie tun? Dass sie sich vom Parteivorsitz trennt, aber Kanzlerin bleibt, hat sie mehr als einmal ausgeschlossen. Das Beispiel Gerhard Schröder schreckt zu sehr ab. Der glaubte 2004 an einen Befreiungsschlag, als er den SPD-Vorsitz an Franz Müntefering abgab. Tatsächlich leitete Schröder damit das Ende seiner Kanzlerschaft ein.

Wie schwach Merkels Position auch in den eigenen Reihen inzwischen ist, wurde vor vier Wochen deutlich, als die Abgeordneten von CDU und CSU ihrem langjährigen Vertrauten Volker Kauder den Fraktionsvorsitz entzogen. Das war eine öffentliche Demontage der Kanzlerin. Auch inhaltlich kommt von Merkel nichts mehr. Für den Herbst hatte sie die Lösung des Diesel-Problems angekündigt. Was die Groko geliefert hat, ist an Peinlichkeit kaum zu toppen.Was Union und SPD eint, ist ausschließlich die Angst vor Neuwahlen. Aber nach dem absehbaren Desaster in Hessen läuft es darauf hinaus. Dann ohne Angela Merkel.