Kommentar Was sich Europa von Trump abschauen kann
Meinung · Wer immer Zweifel an der Entschlossenheit Trumps entdecken wollte, wurde bei Trumps zweiter Inauguration enttäuscht. Welche Lehren Europa ziehen müsste? Ein Kommentar.
Es beginne also nun das Goldene Zeitalter Amerikas: Mit neuer Entschlossenheit Mexiko gegenüber, kompromissloser Einwanderer-Politik, Härte vor allem importierten Verbrechen gegenüber, auch mit Expansionsstreben („Wir werden das Land auch räumlich größer machen“). Man wolle, so der neue Präsident Donald Trump, neue Macht über den Panamakanal. Der Golf von Mexiko solle Golf von Amerika heißen. Man werde Öl und Gas wie nie fördern und nutzen, der Green Deal sei heute beendet. Und: In den USA gibt es fortan nur noch zwei Geschlechter: männlich und weiblich.
Wer immer Zweifel an der Entschlossenheit Trumps entdecken wollte, in seiner zweiten Amtszeit erzkonservativer und revisionistischer zu agieren als zuvor, um sein geltendes Leitbild „America first“ zur Blüte reifen zu lassen, wurde bei Trumps zweiter Inauguration enttäuscht. „Das Unmögliche ist das, was wir am besten können“, sagte Trump nach seinem Amtseid und kündigte gleich noch an, mit Elon Musks Hilfe den Mars zu besiedeln. Ein bisschen Hoffnung keimte, als Trump betonte, sich an Verfassung und Rechtsstaatlichkeit halten zu wollen. Das als Mindestanspruch: Es ist weit gekommen. Ob das machbar sein wird auf dem eingeschlagenen Weg zur neuen Größe des Präsidenten als eine Art ikonischen Befreiungskämpfer im vermeintlich linksliberal unterjochten Amerika wird man abwarten müssen. Zweifel sind erlaubt.
Überraschend kommt das alles freilich nicht. Fast alles, was Trump bei seiner Amtseinführung zum Besten gab, war Bestandteil seines Wahlkampfs. Und es ist nicht anzunehmen, dass er davon viel liegen lässt. Das erwarten seine Wählerinnen und Wähler. Für Europa bedeutet das, diesem US-Präsidenten ohne jeden Schaum vorm Mund in rationaler Vernunft und diplomatischem Geschick realpolitisch zu begegnen. Trump hat nichts als Amerika im Blick. Europa kann sich allein von diesem Blick etwas abschauen. Indem es mit vereinter Kraft und eigener Stärke sich seiner Position bewusst ist und die als Partner, auch als Verhandlungspartner unter „Dealmakern“ einsetzt. Und weniger Trumps neues Amerika beweint.