Offen gesagt Die Attraktivität der Stadt Wuppertal

Meinung | Wuppertal · Die Historische Stadthalle in Wuppertal wird 125 Jahre alt und eine Stadt, ein Land, feiert. Das ist gut so – doch die weiße Weste des Prachtbaus ist nicht ohne Flecken. Ein Kommentar.

Blick in den Hauptsaal der historischen Stadthalle (Archiv).

Foto: picture alliance/dpa/Marcel Kusch

Der Ministerpräsident schreibt vom architektonischen Juwel, von unvergesslichen Momenten der Besucher. Der OB nennt den Veranstaltungsort einen, mit dem sich Wuppertal regional und überregional schmücken kann. Zwei von vielen Elogen, die in diesem Jahr sicherlich besonders oft zu hören sein werden. Die Historische Stadthalle wird 125 Jahre alt und eine Stadt, ein Land, feiert.

Das ist gut so und sollte rot im Kalender angestrichen werden. Zu viele Anlässe zu ausgelassenem Feiern gibt es nicht. Was nicht heißt, dass die weiße Weste des Prachtbaus (um im Ton zu bleiben) fleckenlos ist. Es gibt neben dem in Fachkreisen attestierten exzellenten Klang und dem Staunen über die wunderbar ausgestatteten Räume, vom Fußboden bis zur Decke, auch Schattenseiten.

Schon der Beginn der Erfolgsstory beeindruckte. Bürger der Stadt bauten auf eigenem Grund und Boden das prächtige Konzerthaus auf dem Johannisberg. Ein Gebäude für etwa 1000 Menschen, um sich am Gesang zu erfreuen. Bürger warteten nicht ab, sondern handelten, wie sie es auch andernorts in der Stadt taten – erinnert sei an die Vorgänger des Von der Heydt-Museums.

Ein weiterer Glücksfall war sicherlich die Schonung im Weltkrieg vor Zerstörung durch Bombeneinschlag und Feuersbrunst. Es blieb bei der „normalen Barbarei“ durch Unverstand und Geschmacklosigkeit. Auch in den späteren Jahren. Einiges wurde zerschlagen, anderes übertüncht. Kaum etwas, das nicht repariert werden konnte. Ohne Umdenken im Denkmalschutz freilich hätte das nichts genutzt.

Dass das Gebäude sich heute so präsentieren kann, ist der vorausschauenden Umsicht einzelner zu verdanken, die nicht den Geldbeutel zum Maßstab machten. Sondern die Liebe zu einem einzigartigen Gebäude, das durch sachgemäße (nicht ewig haltbare) Restaurierung und Modernisierung zu einem Juwel gemacht wurde, das es zum Leuchtturm erhebt. Mit dem man sich schmücken kann, und der handfeste Vorteile bringt, der die Attraktivität einer Stadt messbar erhöht. Auch wenn sich das eher langfristig auszahlt. Es ist eine Investition in die Zukunft.

Das Haus und, als wesentlicher Baustein, sein kluges Programm locken aus der Ferne Menschen und Geld an. Von Unterhaltung bis Messen, von Podiumsrunden bis Konzerten oder Kongressen. Die Räume sind nicht nur schön anzusehen, sie sind vielfältig nutzbar für Hochzeiten und Familienfeiern, Filmkulisse und Uniball. Das Haus führt Menschen zusammen, ist kein elitärer Prachtbunker, sondern offen.

All das war nicht zum Nulltarif zu haben, und natürlich wurden Fehler gemacht, Kostenrahmen nicht eingehalten, manches nicht (sofort) geschafft – ob Turmhauben- oder Dach-Sanierung. Kurz nach der umfassenden Sanierung in den 1990er-Jahren gab es Probleme mit der Fassade. Und: Der Zahn der Zeit verlangt immer wieder nach Bauzaun und Geld.

All das erlaubt nicht, die seit einigen Jahren drängende Sanierung der Fassaden zu vernachlässigen, die Ausgaben für eine neue Bestuhlung und anderes hinauszuzögern. Oder das Streichen der Fensterrahmen. Nicht aller Benefit lässt sich auf Heller und Pfennig berechnen. Und erhöht doch die Lebensqualität aller. Das sollte (übrigens) auch bei der Investition in das Pina Bausch Zentrum bedacht werden.