Die Fakten im Überblick Das müssen Sie über die Masche „falsche Polizisten“ wissen

Göttingen · Diese krumme Masche gibt es bundesweit: Angebliche Polizisten rufen ältere Menschen an und gaukeln ihnen vor, Hab und Gut seien durch Verbrecher bedroht. Sie sollten deshalb Geld und Gold zur Sicherheit abholen lassen. Ein Überblick über die wichtigen Fragen.

Die Polizei warnt vor den sogennanten „falschen Polizisten“.

Foto: dpa/Martin Gerten

Die Polizei warnt seit Jahren vor falschen Polizisten. Doch die Zahl der Fälle, bei denen Gauner mit Lügengeschichten am Telefon Senioren um ihr Erspartes bringen, wird nicht kleiner. Im Gegenteil: Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) werden immer mehr ältere Menschen von Betrügern angerufen, die sich als Polizeibeamte oder Staatsanwälte ausgeben. Allein in Niedersachsen wurden im vergangenen Jahr fast 5000 versuchte oder vollendete Betrugsfälle registriert, rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei erbeuteten die Täter fast fünf Millionen Euro.

In anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus. In Nordrhein-Westfalen lag die Zahl der Fälle sogar bei rund 10.000, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg waren es je etwa 2000. Und in München wurden Anfang diese Jahres innerhalb von nur drei Tagen 300 Anrufe falscher Polizisten angezeigt. Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen will wegen der seit Jahren steigenden Fallzahlen eine neue Präventions-Kampagne starten.

Warum haben die Täter trotz aller Warnungen weiterhin Erfolg?

„Die falschen Polizisten üben am Telefon massiven psychischen Druck aus“, sagt der Göttinger Angstforscher Prof. Borwin Bandelow, der als psychiatrischer Gerichtsgutachter mit der Materie vertraut ist. „Sie sagen, man solle niemanden anrufen, keine Verwandten, nicht die Polizei und nicht die Bank. Denn überall gebe es Maulwürfe.“ Dabei werde durch geschickte Gesprächsführung eine Atmosphäre erzeugt, in der die Opfer am Ende nur noch dem Anrufer vertrauten.

Wie gehen die Anrufer vor?

„Sie manipulieren ihre Opfer“, sagt eine BKA-Sprecherin. Sie erzählten überzeugende Geschichten über drohende Straftaten, so dass sie Geld und Wertgegenstände in Sicherheit bringen müssten. „Durch wiederkehrende Anrufe über einen längeren Zeitraum erhöhen die Täter den psychischen Druck, damit die Opfer keinen klaren Gedanken mehr fassen können“, sagt die Sprecherin. Ziel der Betrüger sei es, dass Bargeld und Wertgegenstände an der Wohnungstür einem vermeintlichen Polizisten übergeben oder an einem vereinbarten Ort abgelegt werden.

Warum werden vor allem Senioren zu Opfer der falschen Polizisten?

„Die Kriminellen nutzen bewusst die Einsamkeit, die Hilflosigkeit und die Gutgläubigkeit älterer Menschen aus“, sagt die BKA-Sprecherin. Nach Erkenntnissen der Ermittler wählen die Täter ihre möglichen Opfer in Telefonverzeichnissen zumeist anhand des Vornamens aus. Altmodisch klingende Namen deuten dabei auf ältere Personen hin.

Welche Menschen sind besonders gefährdet?

„In ersten Linie sind dies Menschen, bei denen die kognitiven Fähigkeiten aufgrund des Alters bereits nachgelassen haben“, sagt Sebastian Fiedler, der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). „Wer zum Opfer wird, muss aber nicht zwangsläufig dement sein“, meint Psychiater Bandelow. Gefährdet seien auch intelligente Menschen, wenn sie alleinstehend seien, wenig soziale Kontakte und keine Vertrauenspersonen hätten, mit denen sie über die Anrufe sprechen können.

Wo sitzen die Täter?

Nach Angaben des BKA kommen die Anrufe zumeist aus Call-Centern in der Türkei. Dort sitzen nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Hannover auch die Hintermänner. Es handele sich teilweise um Rockergruppen oder Clans, die vorher im Drogen- oder Rotlichtgeschäft tätig waren, sagt BDK-Chef Fiedler. „Die haben gelernt, dass die Polizisten-Masche lukrativ ist.“ Die mittlere Ebene der hierarchisch strukturierten Banden bilden nach Angaben der Staatsanwaltschaft sogenannte Logistiker, die die Betrügereien vor Ort organisieren. Zum Fußvolk gehören die Abholer, die ausgeschickt werden, um die Beute einzusammeln.

Wie oft wurden Täter gefasst und verurteilt?

Zahlen dazu gebe es nicht, berichtet das BKA. Allerdings werden immer wieder Bandenmitglieder gefasst. In Göttingen wurde jüngst ein Abholer zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er hatte bei einer alten Dame im südniedersächsischen Duderstadt dreimal Geld entgegengenommen. Die Frau übergab dem falschen Polizisten zuerst 30.000 Euro Bargeld, dann 60.000 Euro aus dem Verkauf von Immobilienfonds und schließlich 200.000 Euro, die sie aus dem Verkauf eines Grundstücks erhalten hatte. In Düsseldorf wurden zwei Männer verurteilt, die eine 80-Jährige um ihre gesamten Ersparnisse in Höhe von 178.000 Euro gebracht hatten. Und im Oktober wanderte im hessischen Darmstadt ein 35-Jähriger für zwei Jahre und elf Monate hinter Gitter. Er hatte eine ältere Frau um Goldbarren und Münzen im Wert von 152.000 Euro betrogen. Die Zahl der Delikte wird trotzdem nicht geringer. „Denn es springen immer neue Betrüger auf die Masche auf“, sagt der BDK-Vorsitzende Fiedler.

Was können Angehörige tun?

Angehörige sollten ältere Verwandte im Blick behalten und finanzielle Auffälligkeiten direkt ansprechen, rät das BKA. Sie sollten dafür sorgen, dass die Senioren keine größeren Bargeldbeträge im Haus haben. Sinnvoll wäre es auch, im Zweifelsfall die Telefone älterer Angehöriger so zu schalten, dass sie nur erwünschte Anrufe erhalten, rät der BDK-Vorsitzende Fiedler.

(dpa)