Daumen hoch: Per Anhalter durch die ganze Republik
Der Verein „abgefahren e.V.“ versucht seit 2006, das Trampen wieder populärer zu machen. Am Samstag startet deshalb eine Deutsche Meisterschaft.
Düsseldorf. Billigflüge, Fernbusse, Mitfahrgemeinschaften, Wochenendtickets. Wer in Deutschland günstig weite Strecken überwinden will, findet im Internet zahlreiche Möglichkeiten. Viele fahren sowieso mit dem Auto oder entspannt mit dem schnellen ICE. Doch eine Fortbewegungsart ist mittlerweile fast in Vergessenheit geraten. Dabei braucht der Reisende dafür weder Geld noch eine Buchung, sondern nur ein Stück Pappe nebst Stift oder einen seiner beiden Daumen.
Trampen — die Reiseform hatte in Deutschland ihre Hochzeit in den 60er- und 70er Jahren — ist heute nicht mehr weit verbreitet. Nur noch wenige Tramper stehen an den Autobahnraststätten, den Zielort auf das Pappschild geschrieben.
Stirbt der Tramper aus? Der Magdeburger Jona Redslob will das verhindern. Der 23-Jährige ist Vorsitzender des 2006 gegründeten Vereins „abgefahren e. V. — Deutsche Autostop Gesellschaft“: „Wir wollen das Trampen wieder populärer machen und in die Moderne führen, denn es gibt immer noch viele Klischees“, sagt der Magdeburger. Den Tramper im Batikshirt mit der Gitarre auf der Schulter gebe es heute nicht mehr. „Wir haben viele junge Menschen dabei, aber auch einige Ältere, die das einfach mal wieder ausprobieren möchten.“
Jedes Jahr veranstaltet der Verein deshalb eine Deutsche Meisterschaft im Trampen über eine Distanz von 300 bis 500 Kilometern. Am Samstag, 18. Mai, starten wieder zahlreiche Tramper gleichzeitig im Innenhof des Dresdner Zwingers. „Angefangen haben wir 2008 mit 20 Teilnehmern, beim letzten Mal machten schon 80 bis 100 Tramper mit“, sagt Redslob.
Um das Gewinnen geht es bei den Meisterschaften — Anmeldungen sind noch auf der Vereins-Internetseite möglich — nicht. „Bei uns steht der Spaß an der Sache im Vordergrund“, sagt Redslob. Die zu bewältigende Strecke sei auch für Anfänger leicht an einem Tag zu schaffen. „Die Bereitschaft bei den Autofahrern, einen Tramper mitzunehmen, ist groß. Man wird schnell mitgenommen.“
Redslob trampt selber seit fünf Jahren und kann sein Hobby nur weiterempfehlen. „Es ist eine spannende und spontane Art zu Reisen. Man trifft viele Leute und lernt neue Situationen kennen.“ Er fuhr schon im ausrangierten Feuerwehrwagen mit, saß mit Familien im Auto oder auf einem Eselskarren in Marokko.
„Wenn ich reise, ist Trampen meine primäre Fortbewegungsart. So bin ich schon 4000 Kilometer weit von Moskau nach Krasnojarsk in Sibirien gekommen.“ Trampen sei auch eine gute Methode, um die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern.
Neben der Organisation der Meisterschaften besteht die Vereinsarbeit — mittlerweile hat „abgefahren e. V.“ 250 Mitglieder — auch im Bereitstellen einer Plattform für alle Tramper. Dazu kommt die Arbeit an einem Infoportal. „Mit mehreren Tausend Artikeln über das Trampen ist das mittlerweile zu einer großen Datenbank gewachsen“, sagt Redslob. Doch die Arbeit an Internetseiten dürfte am Pfingstwochenende ruhen. Denn heisst es bei der sechsten Deutschen Meisterschaft wieder: Daumen hoch!