Monaco geht mit Gottes Hilfe ins Mittelmeer
Das florierende Fürstentum Monaco ringt der See sechs Hektar Land ab und errichtet bis 2024 einen komplett neuen Stadtteil.
Monaco. Mit einer Fläche von gerade einmal zwei Quadratkilometern passt Monaco genau in den Berliner Tiergarten. Da das „Manhattan am Mittelmeer“ aus allen Nähten platzt, ist die Gier nach Land groß.
Weil der Nachbar Frankreich nicht daran denkt, auch nur einen Quadratzentimeter Erde abzutreten, bleibt nur dies: dem Meer neues Land abzuringen. Wo jetzt noch Wellen gegen den Strand klatschen, entsteht bis 2024 in einem gigantischen Bauprojekt ein neuer Stadtteil mit Boutiquen und Büros und Luxus-Wohnungen.
Eigentlich glaubt jeder, Monaco gut zu kennen: die Grimaldis und ihr Palast hoch droben auf dem Felsen, das Kasino und die Formel 1, dazu eine Ladung Glamour und die Millionen und Milliarden, die aus allen Winkeln der Erde in das Steuerparadies gepumpt werden.
Nur 35 000 Einwohner zählt der zweitkleinste Staat der Welt, davon darf sich aber nur ein Fünftel als Einheimische betrachten. Sie, die echten Monegassen, verweisen mit Stolz darauf, dass ihr Gemeinwesen als einziger Staat in Europa einen ausgeglichenen Haushalt aufweist, keine Schulden hat — und Milliarden auf der hohen Kante.
Das milliardenschwere Erweiterungsprojekt auf dem Wasser belegt, dass Monaco zuversichtlich in die Zukunft schaut. „Monaco hat die Krise hinter sich gelassen, wir stehen wieder auf stabilem Fundament“, sagte Ministerpräsident Michel Roger anlässlich der Ausschreibung.
Allein eine Milliarde Euro werden die Fundamente kosten. In der ersten Baustufe entsteht ein Sockel in 20 Metern Meerestiefe. Besondere Herausforderung: Das neue Viertel grenzt an zwei Schutzgebiete, deshalb müssen die Projektentwickler für ihre Baupläne spitze Öko-Zeichenstifte in die Hand nehmen.
In einem Interview mit der Zeitung „Nice Matin“ machte Fürst Albert II. im März deutlich, dass schon während der Bauarbeiten Rücksicht auf Flora und Fauna in den Meeresschutzgebieten genommen werde. Nachhaltigkeit soll auch über Tage großgeschrieben werden: Unter anderem sieht die Ausschreibung vor, dass die Monegassen ihre Ferraris, und Bentleys in Tiefgaragen unterm Meeresspiegel abstellen, damit die saubere Luft der „Neustadt“ freudig aufatmenden Fußgängern vorbehalten bleibt.
Bereits vor fünf Jahren hatte es eine Ausschreibung zur Landgewinnung gegeben. Damals kamen die Stararchitekten Norman Foster und Daniel Libeskind in die Endrunde, doch die Finanzkrise brachte das ehrgeizige Projekt zu Fall. Jetzt, im zweiten Anlauf, haben die Monegassen keinerlei Zweifel am Erfolg. Sie hoffen inständig, dass ihr mitunter unentschlossen wirkendes Staatsoberhaupt das Werk des sogenannten „Erbauer-Fürsten“ mit Tatkraft fortsetzt. Zur Not verlassen sie sich auf den Wahlspruch der Erbmonarchie: „Deo juvante“ — „Mit Gottes Hilfe“.