David Garrett veröffentlicht Klassik-Aufnahmen aus seiner Jugend
Berlin (dpa) - Die Fans lieben David Garrett vor allem für seine Crossover-Inszenierungen, bei denen der Stargeiger Klassikstücke mit Rock- und Pop-Songs vermischt auf seiner Stradivari spielt.
Massentaugliche Geigenmusik kombiniert mit lässigem Kleidungsstil - das war bisher das Erfolgsrezept der weltweit erfolgreichen Marke Garrett. Doch der deutsch-amerikanische Musiker will mehr als klassischer Geigen-Virtuose wahrgenommen werden.
Bevor David Garrett anfing, Michael Jackson mit Mozart zu kombinieren, erfüllte er alle Voraussetzungen, um als Hoffnungsträger der Klassik-Branche zu gelten. Mit braver Bubi-Frisur und spießigen Klamotten trat der 1980 in Aachen geborene Sohn einer amerikanischen Primaballerina und eines deutschen Juristen vor bürgerlichem Publikum auf.
„Ich hatte damals wirklich keine jungen Menschen um mich herum und zu meinen Konzerten kamen fast nur ältere Zuhörer“, sagte Garrett im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Nicht einmal zu seiner Schwester und seinem Bruder habe er wegen seines streng getakteten Übungsplans viel Kontakt gehabt. „Da zieht man sich eben an wie ein 50-Jähriger. Oder die Eltern geben einem Klamotten, in denen man so aussieht. Das war für mich damals normal.“
Von seinen Eltern wurde das Violinen-Wunderkind zum Erfolg gedrängt und bekam mit 13 Jahren als jüngster Künstler einen Exklusivvertrag bei dem Plattenlabel Deutsche Grammophon. Garrett spielte schwierige Stücke wie „La campanella“ von Niccolò Paganini oder die Teufelstriller-Sonate von Guiseppe Tartini ein.
Jetzt ist das Album „14“ mit den in seiner Jugend aufgenommenen klassischen Werken erschienen. „Ich will nicht arrogant wirken, aber ich habe Respekt vor mir selbst, weil ich in dem Alter schon solche Aufnahmen gemacht habe“, erzählt der Stargeiger im Interview.
Trotzdem bekomme er „ein bisschen Magenschmerzen“, wenn er die Aufnahmen von damals hört, gibt Garrett zu. „Ich mache mir viele Gedanken, die mich an die Zeit erinnern. Diese Gedanken sind nicht immer nur positiv. Aber irgendwann muss ich die Zeit verarbeiten.“
Als Volljähriger brach Garrett seine vorgezeichnete Karriere als klassischer Geiger ab. Während seines Studiums an der legendären Musikschule Juilliard School in New York erfand er sich neu. Der große Erfolg der zweiten Karriere kam 2007 mit dem Crossover-Album und der dazugehörigen Tour „Virtuoso“, bei der Garrett neben populärer Klassik auch Metallica- und Pop-Stücke spielte.
Obwohl Millionen Frauen ihn mittlerweile anhimmeln und seine Musik bewirkt, dass Geige spielen plötzlich als cool gilt, bewerten einige Experten und Kollegen den riesigen Erfolg des Geigers kritisch. „Man kann David Garretts Geschichte als Abstieg lesen oder als Aufstieg, je nach Blickwickel“, schrieb „Die Zeit“ Anfang Februar.
Permanent muss sich der fünffache Echo-Gewinner für den Erfolg seiner Arrangements rechtfertigen. Auf seiner Homepage sind Zitate wie „Crossover kann sich nur der Künstler leisten, der sich bereits in der Klassik-Szene einen Namen gemacht hat“ oder „Du musst ein Weltklassegeiger sein, um eine gute Crossover-CD zu machen“ zu lesen.
Die fast ausverkaufte Klassik-Tour mit dem Schweizer Orchester Festival Strings Lucerne im April zeigt: David Garrett kann ohne Crossover die Konzertsäle füllen - auch wenn mancher Zuschauer heimlich hoffen mag, dass zumindest in der Zugabe ein Popsong auf den Saiten erklingt.