Den Jecken geht das Geld aus
Karnevals-Verband erwartet wegen der Wirtschaftskrise in dieser Session weniger Besucher bei den Sitzungen.
Koblenz. Für die Karnevalssitzungen in dieser Session befürchtet einer der größten Verbände des närrischen Brauchtums wegen der Wirtschaftskrise einen Rückgang der Besucherzahlen. "Leute, die früher auf fünf Sitzungen gegangen sind, gehen jetzt nur noch auf vier, weil ihnen das Geld fehlt", sagte der Vorsitzende der Rheinischen Karnevals-Korporationen (RKK), Peter Müller, in einem Gespräch in Koblenz. Er rechne damit, dass insgesamt etwa 15 Prozent weniger Besucher auf die diesjährigen Sitzungen kommen werden.
Dieser Abschwung betreffe jedoch nicht alle Vereine. Auf dem Land, "da geht das ganze Dorf hin, und dann ist der Saal auch voll", sagte Müller. "In der Stadt gibt es aber so viele Vereine, die Karneval machen." Und da könne es passieren, dass manche Clubs ihre Säle nicht mehr an allen Abenden füllten. Auswirkungen auf die Programme der Veranstaltungen werde das zwar nicht mehr haben. "Die Vorbereitungen beginnen ja schon anderthalb Jahre vorher", sagte der RKK-Chef. Er befürchte allerdings, dass die Vereine nach schwächeren Einnahmen in diesem Jahr dann 2011 ihr Veranstaltungsprogramm einkürzen.
Ein weiteres Problem für die Besucherzahlen bei Sitzungen sei die steigende Zahl von Live-Fernsehübertragungen. "Jetzt im Moment läuft fast jeden Tag eine Sitzung aus den verschiedensten Regionen im TV", sagte Müller. Einige Menschen verfolgten das närrische Treiben daher lieber von zu Hause aus.
Finanzielle Probleme sehen die RKK, denen nach eigenen Angaben mehr als 1111 Vereine mit insgesamt rund 500.000 Mitgliedern angehören, dennoch nicht auf die Karnevalisten zukommen. "Die Vereine sind gut aufgestellt", sagte Müller.
Generell sei das Interesse am Karneval weiterhin groß - bei den jungen Leuten nicht zuletzt deshalb, weil es einen Wandel der Feierkultur gebe. Der Trend gehe "von der traditionellen Sitzung, wo es nur Reden und Vorträge gibt", hin zur Party. "Und durch so etwas kann man die jungen Leute natürlich locken, obwohl das mit dem Brauchtum natürlich weniger zu tun hat", sagte Müller. Aber die Vereine müssten sich nun mal an der Nachfrage orientieren.
In der Nachwuchsarbeit sind die Fastnachtsvereine laut Müller vor allem beim weiblichen Geschlecht erfolgreich. Viele Mädchen könnten für Tanzeinlagen begeistert werden. Bei den Jungen sei das allerdings schon schwieriger, "die gehen eben lieber Fußball spielen als zum Ballett oder Schautanz". Auch als Büttenredner ließen sich nicht mehr so viele anwerben.
Ohnehin würden immer mehr Vereine dazu übergehen, sich professionelle Redner für ihre Sitzungen "einzukaufen", um damit ihre Veranstaltungen qualitativ aufzuwerten. Müller führt das auf die vielen Auftritte von Comedians im Fernsehen zurück, an deren Darbietungen auch die Karnevalisten gemessen würden.
Trotzdem rate er gerade den kleinen Vereinen dazu, weiter ihre eigenen Mitglieder auftreten zu lassen. "Das macht sich auf Jahre betrachtet bezahlt", sagte Müller. Er kenne Fälle, in denen "teure Redner eingekauft worden seien". Danach hätten auch andere Akteure eine Gage eingefordert, die vorher kostenlos in der Bütt gestanden hätten. Und wieder andere Redner hätten sich nicht mehr getraut, aufzutreten, "weil sie Angst hatten, sie wären zu schlecht gegenüber den Profis".