Der „Eisengel“ fliegt nach Hause

Überraschend sprach ein Gericht in Italien Amanda Knox frei. Die Amerikanerin könnte jetzt mit ihrer Geschichte Millionen Dollar verdienen.

Rom/Washington. Amanda Knox ist wieder frei, und die Reaktionen fallen höchst unterschiedlich aus. Vor allem in der englischen Heimat der ermordeten Studentin Meredith Kercher herrscht die Überzeugung, die 24-jährige Amerikanerin sei eine eiskalte Mörderin, die sich den Freispruch erschwindelt hat. In den USA hingegen wird Knox, der Medien den Namen „Engel mit den Eisaugen“ gegeben haben, als Heldin gefeiert. Hollywoodproduzenten ringen bereits um die Filmrechte, und PR-Experten glauben, die junge Frau aus Seattle wird sich an dem schlagzeilenträchtigen Fall eine goldene Nase verdienen.

In einem Prozess voller Wenden war es die Sensation schlechthin: Im Jahr 2009 wurden Knox und ihr Freund Raffaele Sollecito wegen des Mordes an der damals 20-jährigen Meredith Kercher zu 26 Jahren Haft verurteilt. Im November 2007 sollen sie gemeinsam mit dem Italiener Rudy Guede, der ebenfalls verurteilt wurde, die Engländerin mit 47 Messerstichen niedergemetzelt haben.

Nun aber entschied eine Geschworenenkammer in Perugia, dass die entscheidenden DNA-Beweise während der Ermittlungen und vor allem während des Strafprozesses gar nicht hätten zugelassen werden dürfen. Nach der Verkündung der Urteilsaufhebung, die im amerikanischen Fernsehen von sämtlichen Kabelsendern live übertragen wurde, brach die in Tränen aufgelöste Knox zusammen und wurde von der Polizei aus dem Gerichtssaal begleitet.

Gemeinsam mit ihrer Familie, die eine weltweite Medienkampagne inszeniert hatte und seit Prozessbeginn über 100 Mal von Seattle nach Italien geflogen war, kehrte sie am Dienstag zurück in die USA. Am Flughafen von Seattle wurde sie von Freunden und Fans erwartet, die sie feierten. „Amanda ist eine Märtyrerin“ sagte ein früherer Kommilitone. „Sie ist unschuldig und hat vier Jahre ihres wertvollen Lebens geopfert.“

Anders werden die Dinge von Meredith Kerchers Familie gesehen, die eine Gegenkampagne startete und das Gericht aufgefordert hatte, das Urteil zu bestätigen. „Meine Tochter wurde mit 47 Stichen geschlachtet“, sagte Vater John Kercher, auch sei Merediths Blut auf der Bekleidung der Amerikanerin gefunden worden. „Und dann ein Freispruch?“

Der Hollywood-Agent Warren Casey glaubt, Knox könnte während der kommenden Jahre umgerechnet bis zu 40 Millionen Euro verdienen. „Sie könnte mit einem Buchvertrag beginnen, dann die Filmrechte verkaufen und sich anschließend auf eine lukrative Tournee begeben, bei der jeder Vortrag und jeder Fernsehauftritt ein paar hunderttausend bringen kann“, vermutet Casey. Um ihr Image zu verbessern rät er Knox, einen Teil des Geldes den Kerchers zu spenden.