Der nächste Erdrutsch droht
Nach der Katastrophe von Nachterstedt warnen Experten vor ähnlichen Unglücken.
Nachterstedt. Nach dem Erdrutsch in Nachterstedt fordern Experten, mehr Sicherheit in Bergbauregionen zu schaffen. Der Katastrophenforscher Wolf Dombrowsky warnte am Dienstag in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" davor, dass sich auch in anderen Bergbauregionen Deutschlands ähnliche Katastrophen wiederholen könnten.
Er bemängelte, dass die Risiken in Bergbaugebieten bislang unterschätzt würden. "Komplexe geologische Dynamiken durch Wassereintritte, Temperaturschwankungen und unterschiedliche Lastveränderungen bleiben unberücksichtigt."
Es reiche nicht aus, stillgelegte Stollen aufzufüllen oder Hohlräume aufzuschütten - wie Beispiele im Ruhrgebiet, im Saarland oder in Ostdeutschland zeigten. Aus Angst vor den horrenden Kosten würden Kommunen und Bergbaugesellschaften oft davor zurückschrecken, seriöse Risikobewertungen durchzuführen.
Der Leiter der Katastrophenforschungsstelle an der Universität Kiel kritisierte auch die für den Tagebau Nachterstedt verantwortlichen Behörden: "Dort waschen sich jetzt alle Verantwortlichen rein und sprechen von einem unvorhersehbaren Unglücksfall, doch das entspricht nicht der Wahrheit."
Der Experte für Altbergbau an der TU Bergakademie Freiberg, Günter Meier, sieht indes ein "gewisses Restrisiko" für alle Tagebaulandschaften. "Sicherheit in dem Sinne kann man nicht geben", sagte er im ZDF.
Bei dem Erdrutsch in Nachterstedt waren am Samstag zwei Häuser und drei Menschen in den teilweise gefluteten Tagebau gerissen worden. Die Einsatzkräfte hatten die Suche nach den Vermissten am Montag eingestellt, weil es keine Chance gab, sie unter den Schlamm- und Geröllmassen zu bergen. Ein Kontaktbüro regelt seit Dienstag die Hilfe für die Betroffenen. Landrat Ulrich Gerstner (SPD) sagte, es gebe ein größeres Angebot an leeren Wohnungen: "Die Betroffenen haben eine große Auswahl."
Unterdessen herrscht in den rheinischen Tagebau-Kommunen Sorge. Nach Düren fordern auch Erkelenz und die Gemeinde Niederzier, bei den geplanten drei großen Seen in ihrer Nachbarschaft Lehren aus dem Unglück zu ziehen. Die Ursache müsse analysiert werden und in die weiteren Planungen einfließen, sagten die Bürgermeister der beiden Gemeinden.
Die in den Gemeinden geplanten Tagebau-Seen Inden, Hambach und Garzweiler sprengen jede bisher dagewesene Dimension: Sie sind mit elf bis 40 Quadratkilometer Fläche wesentlich größer als die Seen im Osten. Bis sie mit Wasser vollgelaufen sind, dauert es mindestens 30 Jahre und damit eine Generation. Die Pläne müssten jetzt auf den Prüfstand gestellt werden, forderte der Bürgermeister von Erkelenz, Peter Jansen (CDU).