Der Papst in Mexiko und Kuba: Gratwanderung für das Evangelium
Vor 14 Jahren stattete Johannes Paul II. Kuba einen historischen Besuch ab. Jetzt tritt sein Nachfolger Benedikt XVI. eine lange Reise an.
Mexiko-Stadt. Wenn Papst Benedikt XVI. am Samstag zu einem Besuch Mexikos und Kubas aufbricht, beginnt er seine wohl wichtigste und längste Auslandsreise in diesem Jahr. Das Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken möchte das Wort Gottes verkünden, so die knapp gefasste Botschaft: Benedikt will die lateinamerikanischen Gläubigen ermutigen, ihnen Impulse geben.
In Mexiko wird der Papst über den Drogenkrieg und die Korruption sprechen, wie Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone erläuterte. „Der Papst hat Mexiko ausgewählt, weil es nach Brasilien das bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas ist“, sagte Benedikts Sprecher Federico Lombardi. Der Jesuitenpater bescheinigt Mexiko eine „tiefe katholische Seele“. Allerdings sind seit Jahren die evangelischen Sekten aus den USA in Mexiko auf dem Vormarsch, während die Zahl der Katholiken abnimmt.
Der knapp 85 Jahre alte Papst muss also auf der ersten Etappe die ihm wichtige Neuevangelisierung voranbringen, mit dem Besuch „Anstoß zur Überwindung der Armut und Gewalt, zur Förderung der Hoffnung und des Friedens geben“, sagt der Vatikan-Sprecher.
Höhepunkt seines Mexiko-Besuches ist eine Sonntagsmesse unter freiem Himmel im „Bicentenario“-Park von Léon im Bundesstaat Guanajuato. Mexikos Bischöfe erwarten 600 000 Gläubige und eine Botschaft Benedikts an ganz Lateinamerika und die Karibik. Der Besuch fällt in die Zeit des Wahlkampfes um die Präsidentschaft in Mexiko, der offiziell am 30. März beginnt. Alle Bewerber um die Präsidentschaft haben ihre Teilnahme an der päpstlichen Messe zugesagt.
Der Papst hofft, von Léon aus den Erwartungen an seinen ersten Besuch in Mexiko gerecht zu werden. Das Thema sexueller Missbrauch von Jugendlichen in der Kirche steht nicht auf der Agenda. Benedikt will sich lieber zum Schutz des menschlichen Lebens und der Ehe äußern.
Bei der anschließenden Kuba-Etappe (26.-28. März) muss Benedikt noch mehr jedes Wort abwägen. Er steht dabei im Schatten von Johannes Paul II. Dieser hatte dem sozialistischen Staat 1998 einen Besuch abgestattet und die Gläubigen gestärkt: „Auf dass sich Kuba der Welt öffne und die Welt sich Kuba!“ Der polnische Papst las Fidel Castro und den Kubanern die Leviten, forderte Bewegungsfreiheit für die Kirche und die Freilassung politischer Gefangener. Das US-Embargo gegen den auch deshalb so stark verarmten Staat hatte Rom immer verurteilt.
Diese Gratwanderung zwischen Kritik an den Menschenrechten und am Embargo kann Benedikt fortsetzen — ein halbes Jahrhundert nach der Exkommunikation Fidel Castros durch den Vatikan. Doch auch ein Überraschungsbesuch Benedikts bei Castro scheint möglich.
Der Vatikan betont aber den „pastoralen Charakter“ des Benedikt-Besuchs mit den Stationen Santiago de Cuba und Havanna. Er feiert zwei Messen, die zweite auf dem Platz der Revolution in Havanna. Es wird seine letzte Gelegenheit sein, auf der Insel eigene Akzente zu setzen und die Vermittlerrolle der kubanischen Kirche zwischen Regierung und Opposition zu stärken.