Der Star am Finger: Cocktailringe fallen auf

Frankfurt (dpa/tmn) - Wer einen Cocktailring trägt, will auffallen und setzt ein klares Zeichen. Das war in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts so und ist es noch heute. Der einzige Unterschied: Die Ringe mit fettem Klunker dürfen nun im Alltag an den Finger.

Einst galten sie als rebellisch, setzten ein klares Zeichen und das nicht nur im optischen Sinne: Cocktailringe. „In den 20er Jahren trugen Frauen in den USA diese riesigen Ringe mit einem großen Edel- oder Halbedelstein auf Partys, wo illegal Alkohol getrunken wurde“, sagt der Stilberater Andreas Rose aus Frankfurt. Prominent platziert auf dem Zeigefinger der linken Hand war die Botschaft klar: Seht her, ich trinke und stehe dazu. Und den Luxus eines sündhaft teuren Rings kann ich mir obendrein leisten.

Heute gibt es keine illegalen Alkohol-Partys mehr, zumindest nicht für Erwachsene, und nicht jedes Schmuckstück ist ein Zeichen für Luxus. Doch ein Statement sind Cocktailringe noch heute: „Diese Ringe stehen für eine gewisse Opulenz und wenig Zurückhaltung“, sagt Winfried Rollmann, Trendexperte des Deutschen Mode-Instituts (DMI), der eine Modeberatung in Paris betreibt. Getragen werden sie zudem nicht mehr nur zu feinen Anlässen wie auf den roten Teppichen von Galas und Preisverleihungen, wo es an den Fingern der prominenten und reichen Damen glitzert und funkelt. Auch Otto Normalbürgerin trägt den Cocktailring: „Jeder ist heute ein Star, wenn er sich so fühlt und kleidet“, sagt Andreas Rose.

Dafür muss es auch nicht die große Robe sein - im Gegenteil. „Klassisch trug man die Cocktailringe eher zum kleinen Schwarzen, zum schlichten Cocktail-Kleid eben“, erklärt die Hamburger Mode- und Stilexpertin Uschka Pittroff. Auch für den Cocktailring als alltägliches Accessoire gelte daher: „Am tollsten sieht ein solcher Ring zu schlichter Kleidung aus, etwa zu einem schwarzen Rolli, einem strengen Anzug, oder zu Jeans und weißer Bluse.“

Mit einem Cocktailring lässt sich auch schnell das seriöse Business-Kostüm aufpeppen. „Das glitzernde Schmuckstück an den Finger gesteckt und schon ist aus dem schlichten Büro-Outfit eine glamouröse Abendgarderobe gezaubert“, sagt die Styling-Beraterin Lisa Zimmermann aus Berlin.

Für Winfried Rollmann ist die Kombination von dezenter Kleidung und opulentem Schmuck eine ironische Brechung - und das habe einen besonderen Reiz. „Cocktailringe sind inzwischen ein modisches Accessoire, das Lebendigkeit in die Mode bringt und auch heute noch ein Zeichen von Selbstbewusstsein ist.“ Damit spielen vor allem die jüngeren Generationen: „Gerade die jüngeren Mädels und Frauen haben Spaß, sich in der Mode stilistisch frei zu bewegen.“ „Gypset“ nenne sich ihr Modestil, eine Mischung aus der Eleganz und des Luxus des Jetsets mit der Freiheit des Hippietums.

Die Cocktailringe gibt es im klassischen Design mit funkelnden Edelsteinen, die sich allerdings nicht jeder leisten kann. Günstiger sind Ringe mit Halbedelsteinen oder Modeschmuck-Modelle. Ein solcher pompöser Divenring funkelt und glitzert wie ein echter und ist bei einigen Herstellern schon ab 50 Euro zu haben, weiß Styling-Beraterin Zimmermann. Zu finden sind alle möglichen Farben: Rot oder Grün von Bijou Brigitte, mit lila oder blauen Steinen von Swarovski, ein mädchenhaftes Rosa von Esprit und Heine hat einen braunen Stein in einer filigranen, geschwungenen Halterung.

Es gibt auch ungewöhnlichere Modell, etwa im Vintage-Stil mit floraler Optik oder mit Tiermotiven. Bijou Brigitte hat glitzernde Varianten in Spinnenform, mit Frosch oder Fisch, Ernsting's Family hat ein schwarz-silbernes Modell in Form einer Koralle. Piaget hat es im vergangenen Jahr wörtlich genommen mit dem Cocktailring: Die Modelle des Unternehmens sehen aus wie Cocktails, verziert mit kleinen Minzblättern, Zitronenscheiben, Strohhalmen und Schirmchen.

Diese modernen Varianten sind für Rollmann ein weiterer, gekonnter Stilbruch der Designer: „In der Mode ist heute nicht mehr alles aus einem Guss, das macht sie ja so spannend.“ Uschka Pittroff ist etwas weniger großzügig und favorisiert die klassischen Modelle: „Eine erwachsene Frau sollte zumindest einen echten Silber- oder Goldring tragen, dann natürlich gerne mit Halbedelsteinen oder Schmucksteinen wie Rauchtopas oder Koralle.“

Auch bei der Wahl des Fingers herrscht nicht mehr ein allzu strenges Diktat wie einst. „Man trägt die Ringe eher am Zeige- oder Mittelfinger“, sagt Lisa Zimmermann. Wer sehr lange und schlanke Finger hat, könne auch zwei übereinander tragen. Selbst am kleinen Finger seien die auffälligen Modelle erlaubt.

„Wichtig ist bei so auffallenden Ringen natürlich, dass die Hände sehr gepflegt sind. Schließlich sollen sie den Blick des Betrachters geradezu magisch anziehen“, sagt Rose. Es dürfe auch kein anderes Schmuckstück den Blick ablenken - nur so werde der Ring zum alleinigen Star des Outfits und macht seinen Träger in der Masse zum Hingucker.