#4U9525 - Kleine Engel als symbolischer Halt Deutschland trauert um die Opfer des Flugzeugabsturzes
Köln (dpa) - Deutschland vereint in Schmerz: Bei einer bewegenden Trauerfeier im Kölner Dom haben Angehörige, Bevölkerung und die Spitze des Staates der Opfer des Germanwings-Absturzes gedacht. Die Erschütterung war auch dreieinhalb Wochen nach der Katastrophe noch greifbar.
„Es ist etwas zerstört worden, das in dieser Welt nicht mehr geheilt werden kann“, sagte Bundespräsident Joachim Gauck im Kölner Dom. Bei der zentralen Trauerfeier mit insgesamt 1400 Gästen versuchten Vertreter von Kirchen und Politik, den rund 500 Angehörigen Trost zu spenden.
Bloße Worte seien zu schwach, um zu trösten, sagte Kardinal Rainer Maria Woelki. Dass so viele Menschen in diesem Moment Mitleid und Beileid zeigten, „das soll Ihnen Trost sein“. Die Hinterbliebenen seien nicht allein „in diesen Stunden der Einsamkeit“, versicherte der Kölner Erzbischof. „Unbegreifliches ist geschehen. Und Unbegreifliches wurde getan“, sagte Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, die den Tauergottesdienst zusammen mit Woelki leitete.
Eine junge Frau trat für die Angehörigen in den Altarraum. Sie bat in einer Fürbitte um Zuversicht. „Herr, ich bitte Dich: Trockne unsere Tränen, stärke die schönen Erinnerungen und schenke uns allen neuen Lebensmut“, sagte sie - um Fassung bemüht. Auf jedem Platz im Dom lag ein kleiner Holzengel, der den Angehörigen und Helfern symbolisch Halt und Zuversicht geben sollte. Auch Germanwings-Chef Thomas Winkelmann erhielt stellvertretend für alle Mitarbeiter von Fluggesellschaften einen Engel. Diese sollten rotz aller Trauer Kraft und Stärke spenden.
Beim Absturz des Airbus auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf waren am 24. März alle 150 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Der Copilot hatte nach bisherigen Ermittlungen den Kapitän aus dem Cockpit ausgeschlossen und das Flugzeug absichtlich in den französischen Alpen zum Absturz gebracht.
„Dieser eine hat die vielen anderen mit in den Tod gerissen, den er für sich selber gesucht hatte. Uns fehlen Worte für diese Tat“, sagte Gauck. „Vielleicht ist es das, was uns so sehr erschreckt hat: die Sinnlosigkeit des Geschehens. Wir sind konfrontiert mit einer verstörenden Vernichtungstat.“
Für jeden der 150 Toten brannte eine weiße Kerze im Kölner Dom. „Es sind 150 Opfer“, hatte Kardinal Woelki vor dem Gottesdienst betont. Das Urteil über den Copiloten müsse man Gott überlassen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sowie Regierungsvertreter aus Spanien und Frankreich nahmen an Gottesdienst und anschließendem staatlichen Trauerakt teil.
Kraft sagte, in den vergangenen Wochen der Trauer habe sie auch viele Momente tiefer menschlicher Verbundenheit erlebt. „Ich spürte auch Halt und Trost, den wir einander gerade in den dunkelsten Stunden geben können.“
Für ganz Deutschland war am Freitag Trauerbeflaggung angeordnet. Besonders die Stimmung in Köln war gedrückt. Auf vielen Werbetafeln in der Innenstadt waren statt bunter Bilder schwarze Trauerschleifen zu sehen - mit der Flugnummer 4U9525 der zerschellten Maschine. Vor dem abgesperrten Dom lagen Kränze und Blumen. Dort verfolgten auch einige hundert Menschen die Trauerfeiern auf einer Großleinwand. Am Dom wehte eine Flagge mit Kreuz und Trauerflor.
Der Germanwings-Mutterkonzern Lufthansa gedachte der Opfer mit einer ganzseitigen Traueranzeige in mehreren Zeitungen: „Wir trauern um unsere Passagiere und Kollegen. (...) Wir werden sie nie vergessen.“
Unter den Opfern waren 72 Deutsche. Allein 65 von ihnen kamen aus Nordrhein-Westfalen, darunter 16 Schüler und 2 Lehrerinnen eines Gymnasiums in Haltern. Die Identifizierung der Opfer dauert noch an und soll bis Ende Mai abgeschlossen sein.