Die Finnen als Weltmeister der kuriosen Wettbewerbe
Helsinki (dpa) - Sie werfen Gummistiefel, tragen ihre Frauen Huckepack durch Matsch und Schlamm und rocken virtuos wie Bruce Springsteen auf der Luftgitarre. Die Finnen sind Weltmeister, wenn es darum geht, sich kuriose Wettbewerbe auszudenken.
Warum ausgerechnet sie so kreativ sind, kann niemand richtig beantworten.
„Wenn man in so einem dunklen und kalten Land lebt, dann muss man ja was machen, um die Stimmung zu heben“, meint Marie von Bostel. Die Frau aus Hannover nimmt von Mittwoch bis Samstag (27. bis 30.8.) in Oulu an den Weltmeisterschaften im Luftgitarrespielen teil.
Ein Überblick über besonders skurrile Wettbewerbe in Finnland:
LUFTGITARRESPIELEN: Das Luftgitarrespielen ist so alt wie die Rockmusik, doch dieses Musizieren auf einer imaginären Gitarre zu einem Wettbewerb zu machen, ist den Finnen zuerst eingefallen. Inzwischen haben zehn Länder nationale Meisterschaften, die jedes Jahr im August ihre Besten zur Weltmeisterschaft nach Oulu schicken. Wer hier mit seiner einminütigen Rock- oder Metal-Nummer die Jury überzeugt, gewinnt eine speziell angefertigte Plexiglasgitarre. Bewertet werde nicht nur das imaginäre Gitarrenspiel, sondern auch die Ausdrucksfähigkeit hinsichtlich der musikalischen Botschaft, sagt die Jury. Das Festival selbst will eine Friedensbotschaft an die Welt senden: Wer Luftgitarre spielt, kann keine Waffe tragen.
FRAUENTRAGEN: Bei der Weltmeisterschaft im Frauentragen in Sonkajärvi geht es weniger um den Weltfrieden als um den Spaß, so schreiben es die Regeln vor. „Das Frauentragen ist eine Lebenshaltung“, heißt es da. Dabei ist der Ursprung des Wettbewerbs eher unkomisch. Im späten 19. Jahrhundert lebte in der Gegend ein Räuber namens Rosvo-Ronkainen, dessen Bande regelmäßig Frauen entführte. Wer dabei sein wollte, musste einen waghalsigen Parcours durchschreiten. Das ist heute nicht anders, nur dass sich die Damen freiwillig von ihren Männern auf die Schulter nehmen lassen. Obwohl die nicht gerade zimperlich mit ihnen umgehen, wenn sie die 253,5 Meter lange Strecke aus Sand, Kies und Wasser entlanghetzen. Der Weltrekord liegt bei 55,5 Sekunden und wird von einem Pärchen aus Estland gehalten.
MOORFUßBALL: So richtig schmutzig geht es bei den Meisterschaften im Moorfußball zu. Die Spieler versinken bis zu den Knien im Matsch. Weil da jede Bewegung anstrengend ist, werden auch nur zweimal zehn Minuten gespielt. Der Urvater des Moor- oder auch Sumpffußballs ist der finnische Skifahrer Esa Romppainen, der im Schlamm sein Sommertraining intensivieren wollte. Die Idee trug sich weiter, und 1998 wurde der erste nationale Wettbewerb in Ukkohalla veranstaltet. Zwei Jahre später schon gab es die ersten Weltmeisterschaften mit bis zu 300 Teilnehmern und 30 000 Gästen.
GUMMISTIEFELWEITWURF: Auch der Gummistiefelweitwurf ist inzwischen eine internationale Disziplin. Sie hat in Deutschland so viele Anhänger, dass es mehrere Vereine gibt - vermutlich, weil es dabei etwas ernster zugeht als beim Frauentragen. Die Gummistiefel werden wie ein Diskus geworfen und sind nicht etwa die ausgetretenen, quietschgelben von Oma. Die meisten Teilnehmer schwören auf ein italienisches Modell mit besonderen Flugeigenschaften. Die Frauen werfen Größe 38, die Männer Größe 43. Wobei es egal ist, ob es der linke oder der rechte Stiefel ist. Dieser Sport wird in Finnland angeblich schon seit 40 Jahren betrieben, die erste WM gab es 1992.
HANDYWEITWURF: Etwas leichter zu werfen als ein Gummistiefel ist ein Handy. Eine Disziplin, für die Finnen geradezu prädestiniert scheinen, auch wenn nicht nur die landeseigene Marke Nokia geworfen wird, sondern Handys aller Hersteller, Größen und Farben. Die Finnen sehen sich als Handy-Nation, wo jeder immer das neueste Mobiltelefon-Modell haben will. Da kann man die alten ebenso gut für sportliche Aktivitäten verwenden. Außerdem sei dies die Möglichkeit, sich an dem Telefon für all die nicht beantworteten Anrufe zu rächen, meinen die Veranstalter in Savonlinna. Es gibt zwei Techniken, wie die Handys geworfen werden: im traditionellen Stil über die Schulter, wobei die Länge des Wurfs entscheidend ist, oder als Freestyle, wobei Ästhetik und Kreativität der Choreographie bewertet werden.