Die Frisur, die die Wahl gewann: Erlebt der Afro ein Comeback?
New York (dpa) - Der Afro ist keine Frisur, er ist eine Aussage. Vor 40 Jahren stand er für Rebellion und Bürgerrechte, jetzt eher für Vielfalt und Unbeschwertheit. Nun könnte die Frisur eine Renaissance erleben - schließlich hat sie eine Wahl entschieden.
Als die „New York Times“ ihren Lesern den neuen Bürgermeister der Weltstadt vorstellt, ist Bill de Blasio nur das zweitwichtigste auf der Titelseite. Viel prominenter ist auf der Titelseite sein Sohn Dante - oder besser dessen Frisur. Der gewaltige Afrolook des 16-Jährigen dominiert das Bild, wie er vorher den Wahlkampf dominiert hat. Hat eine Frisur über den neu gewählten New Yorker Bürgermeister entschieden? - das fragen politische Medien in den USA. Die nicht ganz so politischen Medien fragen sich eher, ob nun ein Trend zurückkehrt.
De Blasio lag im Rennen um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Bloomberg lange weit hinten. Die Wende kam erst, als der 52-Jährige seine Familie mit in den Wahlkampf einbrachte: Seine schwarze Frau Chirlane, seine Tochter Chiara und seinen Sohn Dante. Und dessen Afrofrisur, die wie eine dunkle Pusteblume - oder auch wie ein Heiligenschein - den Kopf des Teenagers umrahmt. De Blasios Familie ist ein Symbol für das vielfältige, multikulturelle New York und Dantes Frisur wurde ein Symbol für diese Familie. Anfangs ohne Chancen gewann letztlich diese Familie die Wahl mit 73,3 Prozent.
„Er hat die selbe Frisur wie ich 1978“, sagte im September ein gewisser Barack Obama über Dante. „Allerdings war mein Afro nie so gut. Der war immer ein bisschen unausgeglichen“, bekannte der Präsident. Doch Dantes Afro saß perfekt, als er in den Werbespots auftrat, die mit dem Gegensatz zwischen dem weißen Politiker im Anzug und dem schwarzen Sohn im „Brooklyn“-Sweatshirt spielten. „Bill hat die Familie nach vorn gestellt mit einem Afro aus den Siebzigern“, sagt Wahlkampfexperte Henry Singleton. „Und das hat alles geändert.“
„Dantes Frisur ist so cool“, jubelte „hollywoodlife.com“. Und selbst das „Time“-Magazin sprach von „Amerikas bekanntestem Afro“. Selbst im fernen Kansas City schrieb die Zeitung von einem „echten Star“ - und meinte damit die Frisur: „Der Afro ist die coolste Frisur, die wir seit langem bei einem Prominenten gesehen haben.“ Und bei Twitter bekam der „'fro“ sogar einen eigenen Hashtag: #Fromentum.
„Kommt der Afro wieder?“, fragen einige Modemagazine. Dabei war er ja nie ganz weg. In Deutschland etwa sorgt der brasilianische Abwehrspieler Dante seit Jahren auch mit seinen Haaren für Aufsehen. Mit dem Bürgermeister-Sohn aus New York teilt er nicht nur den Namen, sondern auch die Frisur.
In den USA war der Afro nicht mehr so richtig populär, seit die Jackson Five durch den nicht mehr ganz so afroamerikanischen Michael Jackson abgelöst wurden und seit Angela Davis nicht mehr von Erich Honecker empfangen werden kann. Aber die Wirkung einer Haartracht, die mehr Aussage als Frisur ist, haben längst auch andere Minderheiten erkannt: Einige Juden in den USA tragen ihre dunklen Locken schon stolz als „Jewfro“, vom englischen Wort „Jew“ für Jude.
Ob Dante sein Aussehen außerhalb der Politik vermarkten will, ist unklar. Der Junge gilt als guter Schüler - ganz wie Chiara. Nachdem im Wahlkampf eher Dante im Vordergrund steht, wird seit dem Wahlabend seine Schwester, der „Wind unter De Blasios Flügeln“ („Time“), immer populärer. Der Grund war nicht das für eine „First Daughter“ ungewöhnliche Piercing in der Augenbraue, sondern ein Haarband aus weißen Rosen. Zeitschriften meldeten schon am Tag danach, wo man das Band für nur 20 Dollar kaufen könne.