Die Tower-Wächter von London
Zu den Yeomen Warders kommen angeblich nur die Besten. Doch hinter den Mauern soll es ganz und gar nicht ehrwürdig zugehen.
London. Wenn die „Beefeater“ in London die Geheimnisse des Tower erklären, dann dreht sich alles um Fragen wie: Wer hat wem, wann und wo genau den Kopf abgeschlagen? Die Geschichte des Tower ist eine blutige. Die Geschichte seiner königlichen Wächter — im Volk „Fleischesser“ („Beefeater“) genannt — droht eine schmutzige zu werden.
Der ehemalige Chef der Truppe angeblich tadelloser Soldaten, Keith Cima, hat jetzt vor Gericht ausgepackt: Mobbing, Korruption und Lotterleben sollen bei den ach so korrekten Gardesoldaten zur Tagesordnung gehören.
Mit den Frauen war es schon immer schwierig im Tower, schon bei Elizabeth I. und Maria Stuart. 2007 fing es auf andere Art neu an, als sich mit Moira Cameron erstmals eine Frau den blauroten Uniformrock überzog. Zuvor war die Bewachung des Towers und seiner Kronjuwelen immer Männersache gewesen. Mindestens 22 Jahre müssen sie in der Armee Ihrer Majestät vorzüglich gedient haben, ehe sie sich auch nur bewerben dürfen.
Das blieb bis heute so, obwohl die Wachen inzwischen überwiegend Staffage und vor allem für das Herumführen von Touristen zuständig sind. Erhalten blieben auch Privilegien. So haben die „Beefeater“ Zugang zu einem eigenen Pub im Tower und dürfen innerhalb der Festung in Londoner 1-A-Lage in Dienstwohnungen residieren. Nur die früher übliche Rindfleischration, die der Garde ihren Spitznamen einbrachte, gibt es nicht mehr.
Cameron beschwerte sich bald über Mobbing einiger ihrer männlichen Kollegen. Einer der ehrwürdigen Yeomen Warders, wie die Tower-Wache offiziell heißt, musste seinen Hut nehmen — wurde später aber entschädigt. Doch Ruhe wollte hinter den dicken Mauern der Festung an der Themse nicht einkehren.
Nach und nach kamen immer mehr Vorwürfe auf, wie es wirklich zugehen soll bei den Wächtern der Kronjuwelen. Einige Touristinnen sollen nicht nur Gratis-Führungen durch die Juwelenkammer, sondern auch Übernachtungen in den Wohnungen der Gardisten erhalten haben. Mitten im Allerheiligsten der britischen Krone sollen zudem Cannabis-Pflanzen und der Schwarzmarkt-Handel mit Eintrittskarten gediehen sein.
All diese Vorwürfe kamen ans Licht, weil Garde-Chef Keith Cima 2009 gefeuert wurde. Er hatte damals öffentlich geäußert, der Tower habe sich „prostituiert“ — unpassend für einen Soldaten, empfand sein Vorgesetzter. Der frühere Generalmajor der britischen Streitkräfte klagt jetzt auf Wiedereinstellung — und nutzte die Gelegenheit seines Auftrittes vor dem Arbeitsgericht zur Abrechnung.